66. Weiber die ohne Schmertzen gebohren haben.

[831] Was GOtt gedräuet hat der ersten Mutter aller Lebendigen / Eva / daß sie solte mit Schmertzen Kinder gebähren / das hat sie in der That erfahren / und müssen es noch alle Gebährende auf den heutigen Tag empfinden. Doch hat man wenig Exempel / die ohne Schmertzen gebohren haben.

[831] Plutarchus zeuget von der Mutter Ciceronis, die Helvia geheissen / daß sie ohne Schmertzen soll gebohren haben. Strabo schreibet von einem Ligurischen Weibe eine denckwürdige Historie: Demnach die Ligures sich stets mit dem Ackerbau bemühet /haben sie auch die Weiber zur Bauren-Arbeit angetrieben. Da hab es sich mit einem hochschwangern Weibe begeben / daß sie / neben den Männern um ihren Lohn auf dem Felde gearbeitet / unter der Arbeit kommt sie ihr Wehe an / sie mercket / daß die Zeit zu gebähren vorhanden / gehet bey Seite hinter ein Gesträuch / und gebähret ein Kind / wickelt dasselbige in Blätter und verbirgts / gehet wieder an ihre vorige Arbeit / und sagt niemand nichts von der Geburt. Als aber das Kind weinete / und es daher offenbar wird /daß sie eines Kindleins genesen / wolte dennoch der /so auf die Arbeit sahe / sie nicht von der Arbeit ruhen lassen / biß er sich endlich über das Kind erbarmet /und sie mit der Zahlung ihrer Lohns / der Arbeit erließ.


Das seyn sonderbahre Exempel / die noch keine Regel machen / sondern heist: Una hirundo non facit ver. Sonsten bleibet es bey dem / daß ein jedes Weib in der Geburt Schmertzen hat / doch die eine grösser als die andere.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 831-832.
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