72. Exempel der Eheleute / die einig gewesen /sich sehr geliebet / und mit Bösen und Guten vorlieb genommen.

[837] Weil in den vorigen von Liebe und Einigkeit ist gedacht / will ich hie etliche Exempel anziehen derer Eheleute die sich dieser Tugend beflissen haben. Vom Könige Cyro lesen wir / daß er mit seiner Gemahlin der Cassandra so friedlich gelebet / daß es jederman hat loben müssen.

Julia hatte ihren Herrn den Pompejum so lieb / daß sie seiner nicht vergessen konte.

Ennia soll sich mit ihrem Ehemann so wohl begangen haben / daß sie denselbigen in 43. Jahren mit keinem Wort oder Werck jemahls erzürnet hat.

Terentiana soll mit ihrem Mann / den sie 25. Jahr gehabt / nicht einmahl uneinig oder aufstößig geworden seyn.

Dominicus Catalusius, ein Fürst in der Insul Lesbo, hatte eine Gemahlin / die gantz aussätzig war /dannoch hatte er sie so lieb / daß er sie vom Bette und Tisch nicht ausschliessen wolte / und GOtt behütet ihn auch solcher Treue halben / daß er nicht inficiret wurde.

Ludovicus Vives erzehlet / daß in Engelland eine schöne Jungfrau gewesen / Clara Cerventa genannt /diese war vertrauet einem Manne / Nahmens Bernhard Valdaul, der fiel gleich nach der Hochzeit in eine abscheuliche Kranckheit / und schlug an seinem gantzen Leibe dermassen aus / daß auch der Eyter von ihm floß / das ließ sich seine Hauß-Frau nicht angehen / sondern thate das beste bey ihm / speisete und tränckete ihn / pflegete sein biß in das zehende Jahr.

Jener Neapolitaner / als ihm sein Weib entführet ward von den Mohren / sprang ins Meer / und schwamm dem Raub-Schiff nach / wolte auch nicht ablassen / biß sie ihn zu sich hinein nahmen. Da solches[838] dem Könige von Thunis / welchem das Raub-Schiff zugehöret / erzehlet ward / ließ er sie ohne einige Entgeltniß wieder loß.

Als Christianus, König in Dennemarck 1523. aus seinem Reich vertrieben ward / stund es seiner Gemahlin Isabella / Käysers Caroli V. Schwester / frey /daß sie mochte im Lande bleiben; Aber sie wolte nicht / sondern sprach: Wo mein König ist / da ist auch mein Königreich.


So sollen Christliche Eheleute in Lieb und Leid / in Glück und Unglück zusammen setzen / und keines des andern überdrüßig werden. Der Hauß Lehrer Sirach sagt cap. 26. v. 16. Ein freundlich Weib erfreuet ihren Mann /und wenn sie vernünfftig mit ihm umgehet / erfrischet sie ihm sein Hertz.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 837-839.
Lizenz:
Kategorien: