96. [871] Calanus weiset Alexandro M. wie er seine Regierung soll verwalten.

Calanus ist gewesen ein kluger und sinnreicher Philosophus aus Indien / dieser / wie er in Gespräch gekommen mit dem König Alexander, und unter andern Meldung gethan / wie ein König am besten seine Regierung konte vertreten / hat dieser obbemeldte Calanus solches dem Alexandro mit einer schlechten doch herrlichen Gleichniß vor Augen geleget / und ihm damit gewiesen / wie er ins künfftige müste und könte sein Regiment erbaulich bestellen. Er hat für den König Alexander bringen lassen eine lederne dürre Haut /[871] die hat er für ihm auf die Erde ausgebreitet: Ist hernach erstlich auf die eine Eck der Haut getreten /da die gantze Haut in die Höhe gesprungen / ingleichen auf die andere / da die Haut ebenmäßig gegen ihn aufgesprungen / letzt ist er mittten darauf getreten / da haben alle äussere Theil der Haut gantz eben und unbeweglich der Erden gleich gelegen. Der Plutarchus, welcher dieses beschreibet / der erzehlet zugleich / was Calanus dadurch habe andeuten wollen /nemlich / daß ein König soll mitten in seinen Reichen wohnen / nicht aber zuweit von denselbigen abziehen / im Fall dieselbigen sollen in Ruhe und Frieden erhalten werden. Dann wann ein König oder Herr sei nen Reichen gar weit abgesessen / könne sich gar leichtlich ein Aufstand gegen ihn erregen.


Die Gegenwart eines Königes hat offt grosse Krafft. Weit von seinem Gut / ist nah bey seinem Schaden.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 871-872.
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