97. Vom [872] Adonide.

Die Poeten / wie sie alles mit Gedichten erfüllet / und gleichwol merckliche Lehr-Stücke darunter verborgen haben: Also ist auch von ihnen einer / Nahmens Adonides, von dem dichten sie / er sey gar ein schöner und wohlgeschickter Jüngling gewesen / der sich verliebt gehabt in die Venus, und sie sich wiederum in ihn. Zwar sey er von dem Kriegs-Gott Marte getödtet worden / aber er sey hernach wiederum von neuem auferwecket. Um dieses seines Todes willen / (wie Lucianus gedencket) haben die blinden Heyden / insonderheit die Assyrier / alle Jahr auf gewisse Tage ein groß Klagen gehalten; und bald darauf ein grosses Jauchtzen und Freuden-Gethön / zum Gedächtniß seiner Auferweckung. Was sie hiemit[872] bedeutet haben /das erkläret Hugo, wann er vermeynet / daß sie durch den schönen und wohlgeschmückten Adonidem verblümter Weise verstanden / die Blumen / Kräuter /Korn / Gersten / Weitzen und andere aus der Erden herfürwachsende Früchte / davon wir unsere Speise /Nahrung und Unterhalt haben / die geben eine Zierde dem gantzen Lande. Aber alle diese gedachten Früchte ersterben und verdorren gegen den Herbst / da ist denn die ankommende Kälte gleich der Früchte und Gewächse Mars und Feind / der da macht / daß sie verwelcken / verfaulen / dahin fallen / ersterben und verderben. Bey Ankunfft des Frühlings kommen sie von neuem herfür / als wenn sie gleich auferwecket und das Leben ihnen von neuem wieder gegeben würde. Daß sie ferner dabey gedichtet / der Adonides und die Venus haben sich mit einander verliebet /damit haben sie wollen anzeigen / daß insgemein Uberfluß im Essen und Trincken und allerley Früchte / welche durch den Adonidem verstanden würden: Und denn die Liebe und Geilheit / durch die Venus bedeutet / bey einander wären.


Man mag es wol mit Danck erkennen / wann GOtt das Land gesegnet: Hingegen trauren / wann das Erdreich sein Gewächs nicht giebet. Uberfluß wird von GOtt gestrafft.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 872-873.
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