25. [904] Solons Liebe gegen seinen Sohn.

Der Nahme Solonis war in gantz Græcia und Asia beruffen / denn er der Stadt Athen Gesetz gegeben hatte. Als er aber gen Miletum kommen / und mit dem Thalete offtmahl in disputiren sich eingelassen / ist durch Thaletis Anstifftung ein Bothe kommen / eben wie sie beyde mit einander auf der Gassen spatzieren giengen / welcher vermeldet / daß Solons Sohn gestorben sey. Worüber der weise Mann so sehr erschrocken / daß er alsobald zur Erden gesuncken /sein Haar und Bart mit beyden Händen ausgeraufft /und seinen Mantel zerrissen. Zu solchem Spectacul[904] ist ein grosser Zulauff vom gantzen Marckte geschehen / da jederman gesehen / wie der Mann an der Erden gelegen / geweinet und kläglich gethan habe. Thales aber / der diese ertichtete Bothschafft zuwege gebracht / rührte Solonem ein wenig an und sprach: Gib dich zufrieden / lieber Solon, dein Sohn ist noch beym Leben. Ich habe damit wollen versuchen / obs einem weisen Manne auch nützlich sey / ein Weib zu nehmen / und Kinder zu zeugen / welches du mit grossem Ernst vertheidigest. Jetzt aber ist zu sehen / daß es nicht allein nicht gut und nütz ist / sondern auch deiner Meinung widerstrebet / weil der Kinder halben aus weisen Leuten unsinnige werden.


Kinder kommen vom Hertzen / und gehen wieder zu Hertzen. Wie groß die Liebe der Eltern gegen ihre Kinder sey / wissen die nicht / welche keine Kinder haben.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 904-905.
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