26. Der grosse Christoph.

[905] Von diesem Manne ist viel Sagens / sonderlich unter den Papisten. Jacobus de Voragine und Petrus de Natalibus beschreiben ihn fast folgender Gestalt: Es soll ein grosser Mann gewesen seyn / fast wie ein Riese / der habe gesucht den grösten Herrn / bey welchem er bliebe / wie er nun von einem Könige gehört / der für den mächtigsten gehalten worden / da hat er sich zu demselben begeben / und ist auch von ihm ehrlich aufgenommen worden; Als aber einer einsmahls dem Könige eine Fabel erzehlet / und darinnen den Teuffel offt genennet / da hat der König als ein Christe allezeit das Creutze für sich gestrichen / und als Christoph / welcher noch kein Christe gewesen /sich darüber verwundert / und die Ursache dessen vom[905] Könige zu wissen begehret / auch von ihm zur Antwort bekommen / daß ers darum thäte / daß ihm der Teuffel nicht schaden solte; Da hat er zum Könige gesagt: Weil denn der Teuffel ein grösser Herr ist / als ihr seyd / und ihr euch für ihm fürchten müsset / so habt gute Nacht / ich will mich um ihn umthun und bey ihm bleiben; Als er nun durch eine Wüsten gegangen / und den Teuffel gesucht / da ist ihm derselbige in Gestalt eines grossen Menschen in Begleitung vieler Soldaten schrecklich erschienen / und hat ihn gefraget / wohin er wolte / dem Christoph zur Antwort geben / er suche den Herrn Teuffel / und als er von ihm verstanden / daß er es sey / da hat er sich in seine Dienste begeben. Wie sie nun mit einander gereiset / und unterwegens ein höltzern Creutz gefunden / da hat der Teuffel den rechten Weg verlassen / und ihn durch rauhe Abwege geführet / biß er endlich wieder auf die rechte Bahn kommen / Christoph hat sich drüber verwundert / und nach der Ursach gefraget /und als er sie lange nicht hat erfahren können / da hat er zum Teuffel gesagt: Wenn ers ihm nicht entdeckte /so wolle er seinen Abschied nehmen. Darauf ihm der Teuffel geantwortet / daß er sich für dem Zeichen gefürchtet / weil einer daran gecreutziget / der ihn überwunden. Da sagte Christoph: So ist denn derselbige grösser / als du bist. Nun den will ich suchen. Wie er nun viel Leute deßwegen gefraget / da ist er endlich zu einem Einsiedler gewiesen worden / welcher ihn im Christlichen Glauben unterrichtet / auch wie er leben müste / nemlich fasten / beten / und dergleichen: Als aber Christoph sagte / er wäre das nicht gewohnt / und könte das nicht thun / da hat ihm der Einsiedler[906] zum Gehorsam auferlegt / weil er groß wäre /so solte er bey einem Flusse bleiben / und die Leute hinüber tragen / die es begehreten / derer viel sonst wegen der Tieffe zu ertrincken pflegten / welches er denn angenommen / und sich neben dem Flusse eine kleine Hütte von Holtze gebauet / und die Leute hinüber getragen. Einsmahls aber in der Nacht hat ein kleiner Knabe ihn geruffen / er möchte ihn doch hinüber tragen; Wie er aus der Hütte gegangen / hat er niemanden gefunden / dieses ist noch einmahl geschehen. Aber das drittemahl siehet er ein klein Kind /welches der HERR CHRISTUS war / das legte er auf seine Schultern / und gehet damit in den Fluß / darauf läufft das Wasser auf / und das Kind wird so schwer /als wenn er die grösseste Last trüge / wie er aber über den Fluß kommen / da hat er das Kind niedergesetzet und gesagt / du hast mich in grosse Gefahr gebracht /denn du bist so schwer gewesen / als hätte ich die gantze Welt über mich / darauf soll das Kind gesaget haben: Verwundere dich nicht / denn du hast den auf deinen Schultern getragen / der die gantze Welt regieret. Ich bin dein HERR JESUS CHRISTUS / dem du hierinne gedienet hast / und dein Lohn wird groß seyn / darauf ist das Kind verschwunden / und Christoph hat angefangen das Wort GOTTES zu predigen. Aber dieses alles ist für keine warhafftige Historia zu halten / sondern nur für eine Fabel / von einem nicht unvernünfftigen Mann ertichtet / wie der selige Herr Lutherus dafür gehalten.


[907] Christoph ist ein Bild eines Christen / welcher soll den Teuffel und alle Welt verlassen / und den HErrn Christum immer im Hertzen tragen / und alles Creutz gedultig ausstehen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 905-908.
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