36. [920] Athenais, eines Philosophi Tochter wird Käyserin.

Zu Athen war ein Philosophus, der hieß Leontius, der hatte zween Söhne und eine gelehrte Tochter / derer Nahme war Athenais, die konte was sie wolte in Poësi, insonderheit ein gut Carmen Heroicum schreiben. Dieser Leontius da seine Sterbens-Zeit herzunahete / machte sein Testament / und dieweil er grosse Wissenschafft der Sterne hatte / und daraus vielleicht angemercket / daß seine Tochter zu grossen Dignitäten kommen würde / da vermachte er derselben im Testament nur hundert Gülden / beyden Söhnen aber sein gantzes Gut / das muste Athenais lassen geschehen /[920] da aber der Vater das Testament mit seinem Tode bekräfftiget hatte / wolte sie ihr solch unbillich Testament des Vaters nicht gefallen lassen. Darüber erzürneten ihre Brüder / und stiessen sie zum Hause hinaus. Solche Unbillichkeit klagte Athenais ihrer Mutter Schwester / die zohe mit ihr nach Constantinopel / klagte solches Pulcheriæ Theodosii des Jüngern Schwester / welche / da sie an der Athenais die wolgestalte Sitten und die Gaben des sinnreichen Verstandes vermerckte / riethe sie ihrem Bruder Theodosio, diese Athenais zum Ehe-Gemahl zu nehmen /welches er gethan / und sie tauffen lassen / und zur Käyserin gemacht / und Eudoxiam nennen lassen /das ist sie also unversehens zu so gar grossen Dingen kommen / hat ihren Brüdern verziehen / sie zu sich fordern lassen / und zu grossen Dignitäten gebracht.


Viel sind von geringen Stande zu den höchsten Ehren erhoben worden. Die Astrologia ist nicht allerdings zu verachten / wer heyrathen will / der sehe auf Tugend.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 920-921.
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