39. Vielfrässe.

[924] Obgleich von starcken Fressen schon etwas / wiewol gar ein weniges / droben gemeldet worden / Cent. 5. hist. 87. so scheinen doch folgende Exempel nicht unwürdig zu seyn / diesen Historien mit einverleibet zu werden. Athenæus erzehlet von einem König in Lydia / Campletus genannt / welcher sein eigen Weib in der Nacht hat aufgefressen / und des Morgens / als seine Diener dazu ins Gemach kommen / noch derselben Hände im Munde gehabt / sich aber bald darauf selbst erstochen / vermuthlich aus Unsinnigkeit. Ein ander Nahmens Lepræus wettete mit Hercule, wer zu erst einen Ochsen auffressen könte / darnach wer zu solchem Schnap-Bißlein mehr Weins trincken könte; in solchem ritterlichen Freß- und Sauff-Kampff Hercules das Kräntzlein davon gebracht; Als sie darnach einander einen Kampff angeboten / um Leib und Leben zu fechten / da hat Hercules das Feld abermahls behalten / und ist Lepræus[924] erschlagen worden. Ein Fechter genannt Theagenus Thasius, hat einen Ochsen alleine aufgefressen / Timoreon Rhodius hat mit seinem Fressen und Sauffen folgende Grabschrifft verdienet:


Plurima edens, permulta bibens, mala plurima dicens

Ipse viris, jaceo hic Timocreon Rhodius.


Wie jetzt gedachter Arthenæus bezeuget: An Manuelis des Constantinopolitanischen Käysers Hofe ist einer gewesen / der Camatherus Logothela geheissen / und hat sonderliche Lust gehabt grüne Bohnen zu essen / soll auch zu Zeiten gantze Aecker abgefressen haben. Zu Prag ist vor Zeiten ein Fresser gewesen /der eine Elendshaut / einen Hund / ja gar ein Pferd lebendig gefressen / wie solches Harsdörffer von glaubwürdigen Personen gehört / dieses also erzehlet: Das Pferd war ein Füllen von anderthalb Jahren / darauf setzte er sich rückwarts / biß erstlich den Schweiff herab / und warff ihn hinweg: Darnach fieng er bey dem Hintern an / und fraß das gantze Pferd mit Haut und Haar / mit allem Eingeweid / ja das Gehirn gar aus dem Haupt / die Gebeine aber warff er hinweg. Solches hat er gegen Bezahlung 10. oder 12. Ducaten gethan / so offt man gewolt / und indem er solches und dergleichen aufgezehret / hat er offt darzwischen getruncken / allerley Getränck. Dieser hat sich auch vermessen einen lebendigen Menschen / samt seiner Kleidung zu essen / wenn er das Eisen / als Sporn und Degen würde von sich gelegt haben / vermuthlich ist dieses nicht ohne Verblendung geschehen. Harsdörff. Schaupl. Jämm. Mord. 164. 587.


Viel fressen ist keine Kunst / vielweniger eine Tugend / je[925] grösser Fresser / je grösser Bösewicht / in Lastern muß man nicht mit andern kämpffen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 924-926.
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