10. Kluge That und Rede [523] Alamanduri.

Alamandurus ist gewesen ein Monarch der Saracenen, und hat gelebet um das Jahr Christi 493. derselbe / ob er schon Anfangs die Christen aufs hefftigste verfolgete / so ward er doch endlich durch ihre beständige Frömmigkeit bewogen / daß er den Christlichen Glauben annahm. Weil aber eben zu dieser Zeit der Eutyches seinen ketzerischen Saamen ausgesäet hatte / und lehrete / daß Christus nur eine Natur hätte /nemlich die Göttliche / in welche die Menschliche sey verwandelt worden / mit welcher Ketzerey viel Kirchen und Völcker verunreiniget wurden / daß auch der Käyser Anastasius und der Patriarch zu Constantinopel derselben beyfielen: So ist dieser Alamandurus von den Eutychianern hefftig angefochten worden. Dann als der Patriarch hörete / daß er den Christlichen Glauben angenommen hätte / hat er etliche hingesand / welche ihm den Eutychianischen Irrthum beybringen solten: Wie nun dieselbe ihm allezeit vorsagten / daß Christus nur eine Natur hätte / auch nach derselben gestorben wäre. Siehe / da stellete sich Alamandurus auf eine Zeit sehr traurig / wie er aber von den Eutychianern um die Ursach solcher Traurigkeit befraget ward / antwortet er ihnen: Er habe vernommen / der Engel Michael sey gestorben / das bekümmert ihn hefftig; Jene aber / als sie dieses wolten wiederlegen / vor gebende /[523] daß es nur ein falsch erdichtetes Ding / weil ein Engel / als ein Geist / nicht sterben könne / hat er hinwieder geantwortet und gefraget: Wie dann Christus habe sterben können / da er doch nach ihrer Meynung allein eine geistliche Natur gehabt habe? Vorauf diese Ketzer schamroth worden /und den König hinführo unangefochten liessen.


Einem Fürsten stehet die Klugheit sehr wohl an. Ketzer haben allezeit die höchsten Häupter verführet / und sehr groß Ubel gestifftet. Kan die Seele des Menschen /als ein geistlich Wesen / von denen / die den Leib tödten /nicht getödtet werden / wie viel weniger die unendliche Weißheit.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 523-524.
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