20. Der Geitzhals [538] Pythes oder Pythius.

Der gläntzende Dreck / das Gold / erwecket in manchem Menschen eine solche Begierigkeit / daß es nimmer kan davon ersättiget werden. An dieser Geitzseuche lag auch kranck Pythes, oder wie ihn andere nennen / Pythius, aber sein kluges Weib halff ihm löblich. Wie er / der Pythes, durch Willfahrung des Glücks ein Gold-Bergwerck / und in demselben viel von diesem Metall gefunden hatte / hieng er demselben so unmäßlich an / daß er alle seine Knechte und Mägde stets in dieser Gruben arbeiten ließ. Pythes Haußfrau war damit übel zu frieden / daß kein Feld gebauet / kein Vieh versorget / und kein Vorrath zu leben verschafft wurde / mahnete derwegen ihren unersättlichen Ehemann offt von seinem närrischen Vorhaben ab / aber das mochte nichts helffen / Pythes ließ je mehr und mehr Gold graben und zusammen häuffen / und achtete unterdessen andere Dinge gantz und gar nichts. Dieser Thorheit etlicher massen zu wehren / berieff die Frau ingeheim etliche Knechte und Bergleute / die ihr allerley Speisen von Gold zubereiteten / aufs beste als sie konten. Wie nun der Mann Pythes heim kam hungerig und des Essens begierig / wurden ihm zu unterschiedlichenmahlen verschiedene Speisen fürgetragen / aber alles von lauterem Golde. Pythes belustigte sich zwar und ergetzte seine Augen und Hertz hiermit eine Zeitlang / als ihn aber der Hunger immer härter druckte /[538] sprach er zur Frauen: Sie sollte das Gold nur wegschaffen / und ihm sothane Speisen aufsetzen lassen / mit denen er den Magen füllen / und den Hunger stillen könte. Aber die Frau antwortet ihm: Lieber Mann / unsere Felder / die uns Getreide geben solten / haben gefeyret / das Vieh / welches gebührlich hätte sollen verpfleget werden / ist Hungers gestorben / die Knechte und Mägde / welche die Speise einkauffen / und Küchen und Kleider versehen sollten / hast du stets in deinen Goldgruben gebraucht / darum nimm mit dieser Speise vorlieb / greiff hurtig zu / und laß dirs wol schmecken. Fast auf gleiche Weise hat Heliogabalus seine Diener gequälet / indem er ihnen allerley gemahlte Speisen auftragen lassen / wann sie sind hungerig gewesen. Dieser ist der Pythes, welcher den Xerxem, als er in Griechenland reisen / und dasselbe mit einem überaus mächtigen Heere von zehenmahl 100000. Mann bekriegen wolte / mit seinem gantzen Heere zu Gast gehabt / was er aber für ein Ende genommen /davon siehe Plutarchum in seinem Büchlein von der Tugend der Frauen.


Die Reichen fallen in viel Stricke. Der Geitzige hat nimmer genug / wie es heißt: Tam decst avaro quod habet, quam quod non habet. Darum soll ein jeder mit einem ehrlichen Auskommen zufrieden seyn. Vernünfftiger Frauen Rath soll man folgen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 538-539.
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