[550] Chrysippus war ein Stoischer Philosophus, in den Logicalischen Spitzfindigkeiten insonderheit so ersoffen und vertieffet / daß er aller Menschen Gesellschafft flohe / damit er nur ungehindert seine spitzfindige Gedancken üben könte. Von sich selbst hat er unmäßlich viel gehalten: Als ihn einer fragte: Wem er seinen Sohn zu unterweisen anvertrauen wolte? Hat er geantwortet: Niemand / als mir selbst; Dann wüste ich einen / der gelehrter als ich / wolte ich mich selbst seiner Unterrichtung gebrauchen. Von diesem Chrysippo saget man / daß er sein Lebenlang nur dreymal getruncken habe / wie Petronius in einem Gedichte /und Erasmus in seinen Sprüchwörtern gedencken: Darüber dann auch seinen Schimpff und Kurtzweil treibet der Spottvogel Lucianus in seinen warhafftigen Lügen / und saget im 2. Buche: Man habe Chrysippum nicht ehe wollen in die heilige Insul lassen /in welcher die Seligen wohnen / biß er zum vierdtenmal Niesewurtz getruncken. Es wird ihm auch nachgesagt / daß er eine Magd gehabt / Nahmens Melissa, die allezeit mit ihm über einer Tafel gesessen / und von welcher diesen Nutzen gehabt / daß sie ihm zu Essens-Zeit den Mund aufgebrochen / und die Speise hinein gesteckt habe / dann Chrysippi Kopff war immer verwirret / und voll von Sophistischen Subtilitäten / darüber vergaß er Essens / Trinckens / ja sein selbst / und wäre ohne Zweiffel in seiner Tieffsinnigkeit Hungers gestorben / wann ihm nicht Melissa ein Bißlein ins Maul gestecket hätte.
Eigen Lob stincket gern / nach dem Sprichwort: Propria laus sordet. Man muß Maaß halten in allen Dingen / dann wohl sagt der Poet:
Est modus in rebus, sunt certi denique fines.
Quos ultra citra aque nequit consistere rectum.