32. Vom [552] Herode dem Ersten dieses Nahmens.

Der Nahme Herodes, dessen die H. Schrifft unter andern vielmal gedencket / heißt auf Griechisch so viel /als ein Ehren-Berg: Nach dem Syrischen kan mans verdolmetschen einen feurigen Drachen: Auf Arabisch / ein Basilisk / welches Wort gefunden wird in der Arabischen Bibel Ps. 91. 13.

Der Erste dieses Nahmens ist gewesen des unedlen Kriegs-Obristen und Landpflegers in Judæa, Antipatris anderer Sohn. Er hat drey Zunahmen gehabt /[552] 1. Ascalonita, von seines Großvaters Geburtsstadt. 2. Magnus der Grosse / von wegen seiner Thaten. 3. Der Kinder-Mörder / von den ermordeten unschuldigen Kindern / Matth. 2. 16.

In seiner Kindheit ist er von seinem Vater mit seinen drey Brüdern Phaselo, Josippo und Pherora, und mit seiner Schwester Salome / in Arabien zum Könige Areta geschicket / allda er eine Zeitlang versorget /und auferzogen ist / dieweil damals grosse Zwietracht in Judäa war. In seiner Jugend war er kühn / unverdrossen / und stets grosser Dinge begierig / derwegen er zum Landpfleger im Galiläischen Lande verordnet ward / als er noch keine 25. Jahr alt war: Bald hernach als der Seeräuber Ezechias aus Arabia in Syrien fiel / und solches Land sehr verderbte und beraubete /machte sich dieser Herodes auf / zog ihm entgegen /fieng ihn mit seinen Gesellen / und ließ sie zusammen erwürgen. Nach diesem / als ihm des Jüdischen Königs Aristobuli hinterlassener Sohn Antigonus im Galiläischen Lande drey vornehme Städte einnehmen und plündern ließ / zog er demselben aus Nieder-Syrien mit einem grossen Heer entgegen / und schlug ihm viel Juden zu tode: Weßwegen er von den Juden vor dem Antonio zu Tyro hart verklaget wurde; Derselbe aber nahm ihn wieder zu Gnaden an / und machte ihn dazu zum Landpfleger in Judäa / unerachtet / daß Herodes zuvor dem Cassio mit Geld und Volck gegen Antonium geholffen hatte. Unterdessen hat Antonius etliche Legaten zum Parther Könige Pacoro geschickt / und demselben eine grosse Summa Geldes sammt 500. schönen Weibsbildern verheissen / wann er ihm wieder zum Reich verhelffen würde. Hierauf hat [553] Pacorus die Stadt Jerusalem und andere vornehme Städte in Judäa eingeno en / und Herodem verjagt / welcher erstlich gen Massadam, darnach in Egypten /und endlich gen Rom geflogen ist / allwo er vom Augusto u.M. Antonio zum Könige der Juden ist gemacht worden. Also ist er wieder von Rom in Syrien gereiset / da er sich mit Hülffe Antonii, Silonis und Sofii ein Kriegs-Heer versammlet / Galiläam und Judäam angegriffen / alle Städte / wie auch endlich Jerusalem / nach ausgestandener grosser Gefahr / erobert /den König Antigonum sammt 45. seiner vornehmsten Freunde gefangen bekommen / und nach Antiochia zum Antonio geschicket / welcher sie allesammt erwürget / und also das Geschlechte der Asmonier oder Maccabeer, welches 123. Jahr lang ziemlich floriret /gäntzlich ausgerottet hat. Unter währender Belägerung hat er Mariamnem, eine hinterlassene Tochter des Königes Alexandri, in Judäa / zum Weibe genommen / und eine köstliche Hochzeit mit ihr gehalten. Als er nun völlige Macht bekommen / hat er sein tyrannisch Gemüth öffentlich an den Tag gegeben / die 72. Aeltesten unter den Juden / benebens 40. anderen jungen Studenten und 2. Priestern ließ er umbringen /sein eigen Gemahl Mariamnem, samt seiner Schwieger ließ er jämmerlich hinrichten / schonete auch seiner eigenen Kinder nicht / und erwürgete seine 3. leibliche Söhne ohne alle Barmhertzigkeit. Des Hohenpriesterthums hat er sich auch bemächtiget / und damit gespielet / wie es ihn gelüstete. Den alten Hohenpriester Hircanum, der sich doch wol um ihn verdienet hatte / ließ er elendiglich ermorden im 80. Jahr seines Alters. Man sagt auch / daß er Zachariam, den Vater Johannis des Täuffers / im Heiligthum habe[554] tödten lassen. Er hat wenig löbliche Thaten verrichtet: Die Araber hat er bezwungen / und unter sein Joch gebracht. Zwey und zwantzig Jahr vor der Geburt des HErrn Christi / erschien ein gewöhnlicher Comet im Zeichen des Stiers / und erhub sich wegen grosser Dürre ein greulicher Hunger im Jüdischen Lande: Da nahm Herodes im Mangel Geldes / alle seine Königlichen Kleinodien / verunterpfändete dieselbe / und ließ eine sehr grosse Menge Geträides aus Egypten bringen / theilete dasselbe unter das Volck / und speiset noch dazu 50000. armer Leute / biß zur Zeit der Erndte. Im 17. Jahr für des HErrn Christi Geburt hat er den Tempel zu Jerusalem / (welcher nach der Babylonischen Gefängniß erbauet / und kaum halb so groß war / als der vorige und erste gewesen) abbrechen /und einen neuen / von gleicher Grösse / als der erste gewesen / innerhalb 10. Jahren aufrichten und verfertigen lassen. Sonst ist Herodes so ein greulicher Bluthund auch gegen seine eigener Kinder und Verwandten gewesen / daß er sich deßhalben für jederman fürchten müssen / bauete auch verschiedene Vestungen / dahin er im Fall der Noth fliehen könte. Zu seiner Zeit ist der HErr Christus / der Welt Heyland aus reinen Jungfrau Maria gebohren worden. Den Weisen aus Morgenland / welche den neugebornen König und Heyland suchten / stellete er hinterlistiger Weise nach: Und da ihm dieses Vornehmen zu Wasser ward / suchte er den HErrn Christum selbst zu tödten / ließ derwegen die Stadt Bethlehem sammt den umliegenden Gräntzen durch Mord der unschuldigen Kindlein greulich verwüsten / in Meynung den HErrn Christum unter denselben zu vertilgen. Tausendmal tausend und 44000.[555] unschuldige Kindlein werden von den Abt Paulo Volzio erzehlet / welche Herodes um des neugebohrnen Meßiä willen so grausamlich hat lassen hinrichten. Der löbliche Käyser Augustus hat gar recht von ihm gesagt: Er wolle lieber Herodis Schwein (welche die Juden nicht essen) als sein Sohn seyn. Aber wie grimmig er auch gewesen / so hat er doch den Tod nicht überwältigen können. Dann ein Jahr nach dem Mord der unschuldigen Kinder fiel er in eine abscheuliche schmertzliche Kranckheit / da ihm das Eingeweide verfaulte / Würme im Leibe wuchsen / und nachdem er auch den Seinigen mit seinem abscheulichen Gestanck verdrießlich worden / ist er mit unaussprechlichen Schmertzen gestorben. Von seinem Tode / damit ja das Maaß der Tyranney voll gemacht würde / befahl er / so bald er sterben würde /solte seine Schwester Salome alle Gefangene erwürgen lassen / damit ihn die Juden auch wider ihren Willen mit denselben beklagen müsten / welches gleichwol nicht geschehen.


Tyrannen sterben selten eines ruhigen und guten Todes: Und wird durch ihre Tyranney auch das Gute / so sie etwa gethan haben / gantz verfinstert: Unschuldige tödten bleibet nicht ungestrafft.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 552-556.
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