36. [562] Alcmæon bekommt die Herberge bezahlt.

Ehe und bevor Crœsus der Lydier König den Krieg gegen Cyrum anfieng / schickte er seine Gesandten nach Delphos / den Abgott Apollinem daselbst um Rath zu fragen. Wie diese unterwegens gen Athen kamen / kehreten sie zur Herberge ein bey Alcmæon des Medagis Sohne / einem frommen aufrichtigen Manne / welcher ihnen sehr viel und grosse Freundschafft und Dienstwilligkeit erzeigte / auch sie über die masse wohl tractirete. Als nun diese Gesandten nach vollbrachter Reise wieder heim kamen / rühmeten sie dem Könige die erwiesene Wolthaten des Alcmæon, derhalben ließ ihn derselbige gen Hof beruffen / redete freundlich mit ihm / und sprach: Weil du / ô Alcmæon, meine Gesandten so freundlich empfangen / und daher meine Gunst verdienet hast / soltu nicht meynen / daß du dessen keinen Lohn und Wiedergeltung zu gewarten habest; Dann das würde mir als einem Könige in Warheit nicht wohl anstehen / wann ich undanckbar solte erfunden werden: Derhalben thue ich dir diese Verehrung / daß du so viel Goldes /als du auf einmal tragen kanst / aus meiner Schatzkammer[562] nehmest / und mit dir nach Hause bringest. Alcmæon danckte dem Könige aufs unterthänigste /folgte dem Diener / welcher ihn zur Schatzkammer führte / und füllete nicht allein sein weites allenthalben geflicktes Kleid / Schuh und Strümpffe / sondern auch die Haar und den Mund mit dem Golde / daß es ihm davon aufgeblasen ward / trat also für den König Crœsum, einem Wunderthier als Menschen ähnlicher. Crœsus muste lachen über den vergüldeten und allenthalben mit Schätzen behängten und gleichsam darunter vergrabenen Alcmæon, blieb bey seiner Zusage / und verehrete ihm nicht allein dieses / sondern auch noch vielmehr dazu.


Ein Ehrliebender Mensch gedenckt der Wohlthaten ihm oder den Seinigen erwiesen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 562-563.
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