42. Vom Sprichwort: [570] Stultior Melitide.

Melitides ist einer von den glückseligen Narren / welche der weitberühmte Poet Homerus in seinen Gedichten einzuführen gewürdiget hat. Diese war so alber / dumm und ungeschickt / daß er durch keine Arbeit oder Fleiß über fünffe konte zehlen lernen /wie [570] Plutarchus von ihm schreibet. Als er ein feines Mägdlein zum Weibe genommen hatte / wolte er durchaus nicht bey ihr liegen / dann er beforchte sich /seine Braut möchte sich über diese grosse Kühnheit erzürnen / und ihn deßwegen bey ihrer Mutter verklagen. Dieses närrische Abendtheuer kam nach längst eroberter und verbrandter Stadt Troja / und wolte Priamo dem Trojanischen Könige Hülffe und Beystand leisten. Er konte auch mit allen seinen Sinnen nicht ergründen / ob ihn die Mutter oder der Vatter an die Welt gebohren hätte. Wie ihn einsmals zu Abendszeit / als schon das Licht angezündet war / die Flöhe jämmerlich bissen / löschete er mit grosser Behutsamkeit das Licht aus / in gewisser Hoffnung / es würden durch dieses Mittel seine Feinde von ihrer Grausamkeit abstehen müssen / weil sie ihn im finstern gewiß nicht würden finden können.


Narren müssen auch in der Welt seyn. Sind aber den Verständigen eine Anleitung zur Danckbarkeit für die ihnen vor manchen Unwitzigen verliehene Göttliche Gaben.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 570-571.
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