47. Vom Sprichwort: [574] Neque natare, neque literas didicit: Und von etlichen Schwimmern.

Dieses Sprichwort gebraucht man von einem groben und ungeschickten Tölpel / der gar nichts verstehet oder tauget. Es haben aber so wol die alten Römer als Griechen auf die Schwimme-Kunst sehr hoch gehalten / daher gebeut auch Plato und nach ihm Aristoteles, daß neben andern freyen Künsten die Jugend auch im Schwimmen solte geübt und abgerichtet werden. Und in Warheit diese Kunst ist nicht zu verachten / sintemahl dieselbe dem Menschen offtermahls sein Leben errettet; Wie dann Herodotus in[574] seiner Urania meldet / daß in der Schiff-Schlacht bey Salamine, welche die Griechen mit dem Persischen Könige Xerxe gehalten /viel der Griechen durch das Schwimmen davon kommen / und ihr Leben errettet haben / da hingegen viel Persianer ihre Unerfahrenheit im Schwimmen mit dem Leben büssen / und im Meer ersauffen musten. Sertorius, nachdem er im Cimbrischen Kriege sehr verwundet worden war / ist gewapnet und mit einem Harnisch angethan über den starckfliessenden Rhodanum geschwummen / und also den Feinden entrunnen / wie Plutarchus zeuget.

Es gedencket Alexander ab Alexandro im 21. Cap. seines 2. Buchs eines Schwimmers / der in einem Tage / wann schon das Meer hefftig gebrauset und grosse Wellen aufgeworffen hat / auch bey Herbstzeiten / von der Insul Enaria (nicht weit von Neapolis gelegen) nach Rochytam hin und herschwimmen gekont hat. Es liegen aber solche Oerter 50. Stadia oder über anderthalb teutscher Meilen von einander. Diesen aber hat noch weit übertroffen der Dänische Colan oder Niclaß / von deme viele Scribenten / und insonderheit Pontanus, der es selbst gesehen hat /warhafftig berichten / daß er nicht anders als ein Meer-Thier mehrentheils in Wassern gelebt hat / und von stätigen Schwimmen nicht ist müde worden /daher er über die 15. Meilen nach einander hat fortschwimmen können / und mitten in weit entlegenem Meer offtermahls bekannten Schiffleuten begegnet ist / die ihn dann bißweilen zu sich in die Schiffe genommen haben / weil er aber lieber mochte im Wasser seyn / ist er / so bald er sich nur ein wenig erholet und Athem geschöpfft hat / wieder ins Meer gesprungen /und davon geschwummen.


[575] Schwimmen ist zwar eine Kunst / die nicht zu verachten ist / dennoch bezeugt die Erfahrung / auch daß die erfahrensten Schwimmer offtmahls am allerersten ersauffen / derowegen man sich desto mehr fürzusehen / und nicht allen Wassern zu trauen hat.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 574-576.
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