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[585] Gemachte Freundschafft ist offtmals besser / als natürliche: Insonderheit wann die Freunde eines Willens und Sinnes seynd / zu einerley Sachen Lust haben /und einerley Natur seynd. Ein Exempel einer sothanigen ungeferbten Freundschafft haben wir an dem Philostrato und Hippoclide, welche zwey recht vertraute Freunde waren / unter welchen die Natur gleichsam selbst die Verbündniß gemacht hatte. Dann erstlich waren sie beyde auff einen Tag zur Welt gebohren /und also eines Alters: Darnach so hatten sie auch beyderseits Lust zu der Epicurischen Philosophie, und übten sich darinnen von Jugend auff / wurden auch beyde einem Lehrmeister zu unterweisen anvertrauet: Ihre Güter und Vermögen waren auch gleich / und zuletzt gemein unter ihnen. Da sie nun in solcher vertraulichen Freundschafft viel Jahre angebracht / und einer sich des andern erfreuet hatte / hat der Tod diese beyde selbst so hart verknüpffte Hertzen nicht wollen von einander reissen / sondern gleichwie sie in einem Tage waren gebohren worden / also stürben sie auch beyde in einem Tage dahin.
Ein recht aufrichtiger und vertrauter Freund ist besser als ein großes Schloß oder einiger Reichthum.