56. Der Bruder- und Schwester-Mörder[587] Cambyses.

Koenig Cyrus verließ nach seinem Tode zween Söhne / den Blut-Hund Cambysem, und dessen Bruder Smerdem, welcher von andern Artexerxes, von andern Trancoxares genannt wird. Der ältere Cambyses hatte von den jüngern Bruder diesen Traum: Ihn dauchte daß ein Bote aus Persien käme / und ihn berichtete / Smerdes wäre zum Königlichen Throne erhoben worden. Wie nun der Narr erwachte / meynte er / der Traum würde wahr werden / und Smerdes würde ihn tödten / und also das Reich an sich bringen. Diesem Ubel vorzukommen / schickte er seinen treuen Rath Prexaspem, (welchen er doch auch endlich übel belohnet hat / wie droben gemeldet) nach Susa in Persien / dahin sein Bruder Smerdes gereiset / oder vielmehr von dem tollen Tyrannen Cambyse verschlupfft war / mit Befehl seinen Bruder zu tödten / welcher diesem auch also ist nachkommen / und den guten Smerden, unter dem Schein / als wolte er ihn auff die Jagd führen / im todten Meer erträncket hat.

Nachdem er nun den Bruder auf solche Weise aus dem Wege geräumet hatte dürstete ihn wieder nach Blut / und ließ demnach seine hinterstellige leibliche[587] Schwester (welche er beydes wider natürliche und auch ordentliche Land-Rechte zur Ehe genommen hatte) auch erwürgen / mit welchen Morde es / nach Erzehlung Plutarchi im 3. Buch / also ist zugangen.

Als auf eine Zeit Cambyses Ergötzlichkeit und Lusts halber einen Hund und jungen Löwen für der Tafel mit einander kämpffen ließ / und der Löwe dem Hunde (wie leichtlich abzunehmen ist) überlegen war / trug sichs zu / daß dieses Hundes Bruder / welcher in dem Gemach an einem Seile gebunden lag / das Seil zerreiß / seinem nothleidenden Bruder zu Hülffe kam / und also der Löwe von ihnen beyden erwürget und überwunden ward. Das gefiel dem Cambysi über die massen wol / dergestalt / daß er sich bey nahe zu todt gelacht hätte; Hingegen aber weinete die Königin / des Cambysis Schwester bitterlich: Deswegen fragte sie Cambyses: Warum sie weine / da er doch solche Kurtzweil und Streit angestellet habe / um ihren Augen damit eine Lust und Ergötzung zu machen? Die Schwester gab zur Antwort: Sie erinnere sich bey diesem Streit des Löwens und der 2. Hunde ihres getödteten Bruders Smerdis, welcher niemand hätte gehabt der ihm hätte helffen können / sondern von seinem eigenen Bruder / bey welchem er Trost und Beystand hätte suchen sollen / erwürget wäre. Uber dieser Antwort hat sich Cambyses dermassen erzürnet / daß er die Königin seine Schwester so bald hat lassen wegführen und umbringen.


Tyrannen thun was ihnen gefällt / achten weder Gesetze noch Rechte oder Billichkeit.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 587-588.
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