60. Vom Liebes-Trüncklein.

[593] Einem ein Liebes-Trüncklein beybringen / hefftigere Zuneigung und Liebe dadurch in ihm zu erwecken /stehet nicht allein redlichen Leuten nicht wol an / in Betrachtung / daß solches eine Art der Zauderey ist /dadurch ein Mensch gleichsam wider seinen Willen und natürliche Bewegung gezwungen wird / solche gezwungene Liebe nachmals offt in einen Argen Haß verwandelt / ja sothanige Liebes-Trüncklein[593] seynd gefährlich und demjenigen Menschen / welcher sie geneust / gar schädlich / machen ihn offt wahrsinnig /und berauben ihn seiner Vernunfft / wie Oridius im 2. Buch von der Kunst zu lieben mit diesem Vers bezeuget:

Philtra nocent animis, vimqve furoris habent. Und Cornelius Nepos, wie auch Plinius im 3. Cap. des 25. Buchs schreiben / daß dem fürtrefflichen Kriegs-Helden Lucullo von seinem eigenen freygelassenen Knechte / Calisthene, ein Liebes-Trunck eingegeben sey / welcher ihn nicht allein gantz toll gemacht / sondern ihm auch zuletzt den Todt verursachet hat. Der sinnreiche Poet Lucretius ist gleicher Gestalt von seiner eigenen Frau der Lucilla durch einen solchen Buhlerischen Trunck vergifftet / und davon so wütend worden / daß er ihm zuletzt selbst die Hand angelegt /und das Leben genommen hat. Es gedencket auch Aristoteles einer Frauen / welche einem Manne ein Liebes-Träncklein eingeschencket hat / davon er so bald gestorben ist. Einen solchen schädlichen Liebes-Trunck hat dem Tyrannen Caligulæ auch zugetruncken sein Ehe-Gemahl Cæsonia, davon er gantz närrisch und rasend worden ist / wie Svetonius meynet.


Ein auffrichtiger Mann gewinnet seiner Frauen Hertz nicht durch leichtfertige verbothene Venus-Träncke /sondern durch Freundlichkeit und andere Tugenden. Der Käyserliche Herr Prediger und Chronist Gvevarra in seiner Schlag-Uhr zu Fürsten im 2. Buch am 6. Capitel lehret ehrliche Weiber einen Liebes-Tranck zuzurichten / dadurch sie ihre Männer unsträflich und rühmlich bezaubern / und sie zu eifferiger Liebe bewegen können: Nemlich es soll diese Artzeney gemacht seyn aus folgenden Kräutern: Aus Verschwiegenheit / aus Gedult / aus Friedlichkeit / Einsamkeit und Zucht.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 593-594.
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