65. Käysers Augusti Mäßigkeit.

[598] Es ist eine grosse Tugend an einem Fürsten und Herrn / wann er nicht den Wollüsten und der Schwelgerey /sondern der Mäßigkeit in Essen und Trincken ergeben ist. Dann die Uppigkeit und Völlerey macht ihn nicht nur bey den Unterthanen verhasset / sondern bringt ihn auch endlich um Scepter und Kron / ja um Leib und Leben. Derhalben ists dem Käyser Octavio Augusto sehr rühmlich / was von ihm Svetonius schreibet / daß er nemlich nicht allein nicht köstlich und in Schlemmerey gelebt / sondern auch so genau sich beholffen habe / als ein anderer schlechter Bürger zu Rom kaum gethan hat / sintemal er mit Rocken-Brod und kleinen gemeinen Fischlein / benebens einem Stück Käse vorlieb genommen / und wann er bißweilen eine Gasterey gehalten / insgemein nur 3. nimmermehr aber über 6. Gerichte aufftragen lassen. So zeuget auch Cornelius Nepos von ihm / daß er nicht mehr / als dreymal über den Essen hat pflegen zu trincken: Wann ihn aber etwa ausserhalb der Mahlzeit gedürstet / habe er mit einem Trunck Wasser / oder mit einem sauren Apfel den Durst gestillet und vertrieben. Er hat auch insgemein nicht länger als 7. Stunden geschlaffen / und die übrige Zeit der Nacht mit selichen Sachen und Geschäfften oder auch Gedancken zugebracht: Und ist also in der That ein recht Exempel oder Muster eines nüchtern / mäßigen und tugendhafften Fürstens gewesen / welchen büllig alle etliche Potentaten eyfrig nachfolgen sollen.


Gleichwie die Uppigkeit und Völlerey eine Quelle ist aller Laster. Also ist hingegen die Mäßigkeit ein Ursprung aller löblichen Tugenden.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 598-599.
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