[602] Um das Jahr Christi 700. ist der Christl. Glaube unter andern auch in Frießland gepredigt / und das Licht des H. Evangelii daselbst angezündet worden / dergestalt / daß nicht allein viele vom gemeinen Volck zum Christlichen Glauben bekehret worden sind / sondern der Fürst Radbotus selbst auch Lust zum Christenthum bekommen hat. Dieser Ursach halber schickte der König der Francken einen Bischoff Namens Wulframus in Frießland zu dem Radbotus / daß er denselben in der Christlichen Lehre völlig unterrichten und bekehren solte. Radbotus hat denselben freundlich auff- und angenommen / und ist durch seine Unterweisung ziemlich weit in der Christlichen Religion gekommen / daß er sich auch die H. Taufe zu empfangen nicht weigerte. Als er aber nunmehr solte getaufft werden / und schon den einen Fuß in dem Tauff-Becken hatte (dann es war damahls der Gebrauch / daß die neulich bekehrte Christen in ein groß Gefäß stiegen / und also über ihren gantzen Leib mit Wasser gebadet und getauffet wurden) hat er den Wulframum gefragt: Wo seine Vor-Eltern / welche den Christlichen Glauben nicht haben bekant / seyn[602] hinkommen /ob sie im Himmel oder in der Hölle wären? Wulframus antwortete: Weil ausser Christo kein Heil zu finden sey / so sey leichtlich zu erachten / daß sie allesa t verdammt und in der Hölle seyn würden. Darauff zog Radbotus seinen Fuß wieder zurück aus dem Wasser und sprach: So wolte er lieber bey dem grossen Hauffen so tapfferer berühmter Helden in der Hölle / als bey dem geringen und verachteten Häufflein Christen im Himmel seyn.
Der Weg ist breit / der zur Verdammniß führet / und sind ihrer viel / die darauff wandeln: Darum muß man nicht ansehen die Menge derselben nachzufolgen zum Bösen.