77. Ob todte Leute wiederum können lebendig werden.

[618] Wann die Seele des Menschen einmahl durch den zeitlichen Tod vom Leibe abgesondert ist / so ruhet der Mensch ohn allen Zweiffel biß zum jüngsten Tage / und kan natürlicher Weise nicht wiederum lebendig werden. Dann ob schon einige Exempel können fürgebracht werden etlicher Leute / welche schon begraben gewesen / und dennoch wieder lebendig worden sind /auch eine Zeit lebendig blieben; so ist doch bey denselben das Band der Seelen und des Leibes noch nicht gäntzlich zerrissen gewesen / sondern solche Leute sind entweder nur in eine grosse Ohnmacht und Mattigkeit des Hertzens gefallen / oder auch vor Angst gleichsam entzücket gewesen / daß sie für tod sind gehalten worden / da doch der lebendige Geist noch in ihnen gewesen ist / welcher sich auch nachmals wiederum erreget und herfür gegeben hat. Eine andere natürliche Ursach / was die Weibspersonen betrifft /giebt Plinius im 52. Cap. seines 7. Buchs / da auch Exempel zu finden sind derer / welche wiederum sind lebendig worden / aus welchen ich nur folgende zwey anziehen will.

Erus Pamphilius lag gantzer 10. Tage / nach vorhergehaltener Schlacht / unter den Toden: Wie er aber zwey Tage hernach auff den Holtzhauffen geworffen[618] ward / und verbrannt werden solte / hat er wiederum zu leben angefangen. Dieser hat ohne zweiffel einen harten Schlag an den Kopff bekommen / und ist im Schwindel niedergefallen / und dergestalt mit Füssen zertreten worden / daß er sich nicht mehr hat wieder erheben können.

Thespesius ist den dritten Tag / nachdem er gestorben war / wiederum erwachet: Aber der war vom Boden oder Seller herunter gestürtzet / und hatte ihm das Hirn im Kopff verletzet / daß er ohnmächtig worden ist / wie etwa einem geschicht / der am Schlage arbeitet: dann solche pflegen wol etliche Stunden gleichsam todt zu seyn.

Bey Pest-Zeiten höret man offt / daß Todte wiederum lebendig werden / aber das ist kein Wunder. Dann die alten Huren / welche den Krancken warten sollen /pflegen ihnen wol die Lufft-Röhre und den Hals mit Heyde oder andern Dingen zuzustopffen / und sie alsdann für tod auszuschreyen / da doch das Leben noch in ihnen ist / nur damit sie frey und ungehindert zugreiffen und wegnehmen mögen / was vorhanden ist.


Das die Todten wiederum aufferstehen / ist kein natürlich Werck / sondern stehet allein zu der Allmacht GOttes.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 618-619.
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