8. [520] Augustus strafft seine Tochter / daß sie ihr die grauen Haar ausrupffen lässet.

[520] Julia Käysers Augusti unartige Töchter fieng in der besten Blüt ihres Alters an grau zu werden / daher sie sich die grauen Haare / so offt sie gekämmet und gezieret ward / ausziehen ließ. Nun kam der Vater einsmals darzu / und fand ihre Magd bey ihr benebens den Haaren / welche sie ihr ausgeraufft. Augustus stellete sich anfangs / als wann ers nicht merckte / redete mit der Julia von anderen Sachen / kam aber endlich auf das Alter der Menschen / und fragte seine Tochter? Ob sie nach etlichen Jahren lieber wolle kahl oder grau seyn? Die Tochter antwortet: Viel lieber / Herr Vater / wolt ich grau / als kahl seyn / weil das Alter ingemein auch andere Leute gelbe oder schwartze Haar weiß und grau machet: Aber ein kahler Schädel verstellet den Menschen hefftig / und wird an wenigen befunden / welche die Natur vor andern heßlich gemacht hat. Da antwortet Augustus: Ey Julia, warum machest du dich dann vor der Zeit mit Fleiß kahl /damit du nur nicht grau werden mögest? Wie diß Gespräch Augusti und seiner Tochter von Macrobio beschrieben ist.


Die Natur ist unterschieden bey den Menschen. Graue Haar seynd eine Zierde des Alters. Der thut thöricht / wel cher der Natur mit Schaden widerstehet.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 520-521.
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