94. Ungebührliche Leichtfertigkeit des Persischen Gesandten wird vom Alexandro artig gestrafft.

[641] Megabyzus, ein Kriegs-Obrister des Persischen Monarchen Cyri, schickte Gesandten an Amyntam König in Macedonien / den unter ihnen gemachten Vertrag und Frieden zu befestigen. Amyntas tractirte die Persianische Gesandten auffs köstlichste: Als aber diese von Wein truncken worden waren / begehrten sie vom Könige / daß er seine und seiner Söhne Weiber möchte zu ihnen ins Gemach und an die Tafel kommen lassen / alsdann würden sie spüren / daß sie ihm angenehme Gäste wären. Amyntas bewilligte ihnen solch Begehren / und ließ die Weiber ins Gemach an die Tafel kommen / mit vermahnen / daß sie seinen Gästen die Zeit kürtzen solten. In dieser Lustigkeit aber erzeigten sich die Persianer gar ungebührlich / und giengen mit dem Macedonischen Frauen-Zimmer nicht um wie Zucht und Erbarkeit erfordert. Diß verdroß Alexandrū des Amyntæ Sohn gar hefftig / derhalben / damit er solche ungebührliche Leichtfertigkeit den Persianern verwehren möchte / erdachte er nachfolgende List. Er bemühete sich zuförderst /[641] daß er den alten Vater Amyntam überredete aus dem Gemach zu weichen / unterm Schein / als wolte er seines Alters schonen / und ohne ihm die Gäste wol tractiren. Darnach begehrte er von den Persianern / sie möchten den Frauenzimmer einen Abtritt vergönnen /mit Versprechen / daß sie auffs eheste wiederkommen solten: Unterdessen erwehlete und verordnete er selbst schöne Jünglinge / befahl ihnen / daß sie sich mit Frauenkleidern bekleiden / und mit verborgenen Dolchen wol versehen solten: Führete sie also wiederum hinein zu den Gesandten / und setzte sie bey dieselbe an statt der Frauen. Als aber dieselbe mit diesen Jünglingen / in Meynung / daß es das vorige Frauenvolck wäre / nicht besser umgiengen / als zuvor mit den Weibern / ergriffen dieselbe / nach ertheiltem Befehl Alexandri, ihre Gewehr / durchstachen und verwundeten die unzüchtigen Persianer dergestalt / daß bald einer hie / bald dort zur Erden niedersanck / und sie ihrer unzüchtigen Löffeley und Kurtzweil bald vergassen.


Leichtfertigkeit thut nimmer gut / und bringt manchen in grossen Schimpff und Schaden.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 641-642.
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