Nebel

[59] Ein Nebel hat die Welt so weich zerstört.

Blutlose Bäume lösen sich in Rauch.

Und Schatten schweben, wo man Schreie hört.

Brennende Biester schwinden hin wie Hauch.


Gefangne Fliegen sind die Gaslaternen.

Und jede flackert, daß sie noch entrinne.

Doch seitlich lauert glimmend hoch in Fernen

Der giftge Mond, die fette Nebelspinne.


Wir aber, die, verrucht, zum Tode taugen,

Zerschreiten knirschend diese wüste Pracht.

Und stechen stumm die weißen Elendsaugen

Wie Spieße in die aufgeschwollne Nacht.
[59]

Quelle:
Alfred Lichtenstein: Gesammelte Gedichte. Zürich 1962, S. 59-60.
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