69.

Abschied von einem verstorbenen Ehegatten

[176] Treues Hertze, du zeuchst abe

Auß der Welt und gehst zu Grabe,

Ein zu nemen Freud und Ruh,

Die der Himmel richtet zu.

Mir und andren deinen lieben

Ist an deiner Stelle blieben

Bey so sonst gehäuffter Noth

Hertzens Leid um deinen Tod.

Doch die hier die Zeit verletzet,

Wird bald haben dort ergetzet

Ewigkeit, die ohne Ziel

Uns auffs neue treuen wil.

Mir wird seyn mein Sarck gemessen,

Eh dein Lob ich kan vergessen.[176]

Würdig bistu, daß dein Ruhm

Bleibt, weil bleibt das Menschenthum.

Habe Danck für deine Liebe,

Die beständig war, wanns trübe

So, wie wann es helle war,

So in Glück als in Gefahr!

Habe Danck für deine Treue,

Die stets bliebe frisch und neue!

Habe Danck fürs werthe Pfand,

Das du läst in meiner Hand!

Habe Danck für Müh und Sorgen,

Die biß Abends an vom Morgen

Deine weisse Redligheit

Pfloge mir zur Nutzbarkeit!

Habe Danck, daß deine Tugend,

Habe Danck, daß deine Jugend,

Ob wol eine kurtze Zeit,

Mir so viel gab Gnügligkeit!

Fahr im Friede! Gott wils haben;

Aber lasse deine Gaben

Deme, daß zum Troste mir

Übrig blieben ist von dir.

Fahr im Fried! ich kans nicht wenden,

Bin zu schwach deß Herren Händen;

Du zeuchst weg, wo ich ietzt bin,

Ich, wo du bist, kumme hin.

Quelle:
Friedrich von Logau: Sämmtliche Sinngedichte, Tübingen 1872, S. 176-177.
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Die tapfere Wahrheit. Sinngedichte. Insel-Bücherei Nr. 614
Sinngedichte / Von Logau, Friedrich (German Edition)