37.

Reichthum

[64] Ich wäre gerne reich; denn daß ich reich nicht bin,

Drum wil man mich dazu noch zu der Strafe ziehn.

Ich wäre gerne reich; wer arm mich nicht kan leiden,

Der mag mir tausend Pfund und noch so viel bescheiden.

Ich hab ein Ungrisch Gold nicht Ungern im Beschluß;

Nicht haben, haben nicht, das bringet mir Verdruß.

Wer Gold nicht geben wil, der mag mir Silber geben;

Das Silber nehm ich auch. Ich wil gar friedlich leben

Mit dem, der dieses bringt; ein Schelme, der ihn schlägt,

Ob mir wer Jahr und Tag solch Ding zu Hause trägt.

Drum mangelt mir nun nicht die Hand, die Reichthum nimmet;

Mir mangelt nur die Hand, von der mir Reichthum kümmet.

Und kümmts, so ist es gut; wo nicht, was liegt mir dran?

Reich ist, wer ehrlich hier, dort selig leben kan.

Quelle:
Friedrich von Logau: Sämmtliche Sinngedichte, Tübingen 1872, S. 64.
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Die tapfere Wahrheit. Sinngedichte. Insel-Bücherei Nr. 614
Sinngedichte / Von Logau, Friedrich (German Edition)