53.

Die viehische Welt

[108] Ein rinderner Verstand und kälberne Geberden,

Dabey ein wölffisch Sinn sind bräuchlich ietzt auff Erden.[108]

Das Rind versteht sich nicht, dann nur auff Stroh und Gras;

Ein Mensch laufft, rennt und schwitzt bloß um den vollen Fraß.

Ein Kalb schertzt, gumpt und springt, das Messer eh es fühlet;

Ein Mensch denckt nie an den, der stündlich auf ihn zielet.

Der Wolff nimmt, was ihm kümmt, ist Feind für Wild und Vieh;

Was Mensch und menschlich ist, ist frey für Menschen nie.

Quelle:
Friedrich von Logau: Sämmtliche Sinngedichte, Tübingen 1872, S. 108-109.
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Die tapfere Wahrheit. Sinngedichte. Insel-Bücherei Nr. 614
Sinngedichte / Von Logau, Friedrich (German Edition)