Die dritte Abhandlung.

[295] Masinissa. Bomilcar. Manastabel.


BOMILCAR.

So wil der König nicht von seiner Meinung weichen?

MASINISSA.

Die Heyrath sol gleich itzt hier ihren Zweck erreichen.

MANASTABEL.

Ein geher Sprung und Schluß gerathen selten wol.

MASINISSA.

Was steht hier für ein Felß / an dem ich scheutern sol?

BOMILCAR.

Er kan sich / grosser Fürst / an Syphax Falle spiegeln.

MASINISSA.

Er fiel / weil er zu hoch stieg mit den Hochmuths-Flügeln.

MANASTABEL.

Als Sophonisbe vor zum Hochmuth ihn trieb an.

MASINISSA.

Sag ob ein Icarus die Sonne schelten kan?

BOMILCAR.

Sie ist ein bluttig Stern / ein Irrwisch / ein Comete.[295]

MASINISSA.

Daß für der Lästerung dein Antlitz sich erröthe!

MANASTABEL.

Uns nöthigt Treu und Eyd zu sorgen für sein Heil.

MASINISSA.

An Masinissens hat auch Sophonisbe Theil.

BOMILCAR.

Die mit der Mutter-Milch Carthagens Gift gesogen?

MASINISSA.

Sind für Carthago wir nicht selbst ins Feld gezogen?88

MANASTABEL.

Warumb denn: daß der Fürst zun Römern übertrat?89

MASINISSA.

Ihr werft mit schlimmen Recht auf sie die Schuld der Stadt.

BOMILCAR.

Die Wespen dieses Nests sind einer Art und Tücke.

MASINISSA.

Ich halts: daß sie ein Zweig aus Barchens Stamm90 / für Glücke.

MANASTABEL.

Der Eyben schöner Baum gibt giftgen Schatten ab.

MASINISSA.

Sagst: was für Bubenstück' ie Sophonisb' angab?

BOMILCAR.

Sie nam den Syphax ein / der Römer Bund zu brechen.

MASINISSA.

Sucht eine Mücke doch am Feinde sich zu rechen.

MANASTABEL.

Sie wird auch ihm solch Gift stets blasen in sein Ohr.

MASINISSA.

Ich weiß: wie weit mit Bitt ein Weib sol kommen vor.

BOMILCAR.

Wie wird dis Scipio / und Lælius empfinden?

MASINISSA.

Solln wir als König uns die Hände lassen binden?

MANASTABEL.

Er ist ihr Bunds-Genoß / Sie ihr geschworner Feind.

MASANISSA.

Durch diesen Heyraths-Schluß wird sie der Römer Freind.

BOMILCAR.

Sie kan ihr Vaterland nicht aus der Seele bannen.

MASANISSA.

Rom wird auf Byrsa nicht91 stets seinen Bogen spannen.

MANASTABEL.

Rom wird / bis Kaccabe vertilget sey / nicht ruhn.

MASANISSA.

Dis lässet leichter sich ihm setzen für / als thun.

BOMILCAR.

Die besten Flügel sind schon Kaccaben verschnitten.

MASANISSA.

Die gröste Stadt der Welt hat wenig noch gelitten.92

MANASTABEL.

Man merckt: daß ihr es schon an Volck und Bürgern fehlt.

MASANISSA.

Die siebenhundert mahl zu tausenden sie zählt.93

BOMILCAR.

Die Besten sind erlegt. Ihr Schatz ist auch erschöpffet.

MASANISSA.

Die aus gantz Africa Gold wie aus Brunnen zöpffet?94

MANASTABEL.

Der auch gantz Africa wie einer Aegel flucht.

MASANISSA.

Bey welcher wider Rom der Erdkreiß Hülffe sucht.

BOMILCAR.

Wo denckt der Fürst hinaus? wil er von Rom sich scheiden?

MASANISSA.

Nicht / wo die Freyheit nur wird keinen Schiffbruch leiden.

MANASTABEL.

Verträuligkeit verblüht / wo schon solch Argwohn käumt.

MASANISSA.

Ich habe dem Verdacht kein Haarbreit noch enträumt.

BOMILCAR.

Ach! möcht ihn doch dis Weib auf keinen Abweg leiten![296]

MASINISSA.

Wer feste steht / wie wir / kan nicht gefährlich gleiten.

MANASTABEL.

Der Liebreitz ist ein Fisch / der auch durch Anrührn lahmt.

MASINISSA.

Ihr Spinnen / die ihr Gift auf reinste Lielgen sämt /

Seyd albern Mohren gleich95 / die nicht den Nutz erkennen

Der Sonne / sondern sie / weil sie sie pflegt zu brennen /

Mit Schmach und Fluch anspein. Ja euer blödes Licht

Erkiest den Schatten nur / die Sonnen selber nicht /

Nicht Sophonisbens Glantz / nur ihre schlechte Flecken;

Die Zeit / Vernunft / und Witz kan abthun und verdecken.

Das lang erwogne Werck muß nun vollzogen sein.

Drumb wage keiner sich mir mehr zu reden ein.


Sophonisbe. Masanissa. Bogudes. Bomilcar. Manastabel. Himilco. Micipsa. Adherbal. Hierba. Der Königin Frauenzimmer. Zwölff nackte Cupidines.


SOPHONISBE.

Ist dis die güldne Nacht / die jeden Tag beschämet?

Auf die Dianens Horn den Thau als Perlen sämet;

Der Himmel sie verliebt mit tausend Ampeln schmückt;

Da das Verhängnüs uns mit holderm Strahl anblickt /

Als da das Tage-Licht zu erst uns angelachet?

Als du / Numidien / mir's erstemal gemachet

Das grosse Hochzeit-Fest? Es fasset meine Brust /

Mein Haupt die Liebes-Brunst / mein Hertze kaum die Lust /

Ich werd aus mir entzückt / nun ich mit Masinissen

Ein ewig-festes Band der Heyrath sol beschlüssen.

MASINISSA.

Die Zunge wird durchs Band der Liebe mir gehemmt /

Die Seele von der See der Freuden überschwemmt!

Ihr grossen Götter helfft! helfft! segnet unsre Flammen!

Knipft und schrenckt mit der Hand die Hertzen auch zusammen!

BOGUDES.

Der Himmel segne selbst dis unser Heyligthum!

Befestig euer Heil / beförder euern Ruhm!

Laßt uns Astarthen nun / die Nacht und Tag anleuchtet /

Die jede Seel ansteckt und doch die Welt befeuchtet /

Durch Myrten-Zweig' erhelln ihr ewigs Brand-Altar.96

Reicht mir / ihr Kinder / nun Sabeens Weyrauch dar.

Streut Rosen rings umbher / spielt mit verstreuten Nüssen.[297]

Laßt uns ins Feuer nun den Saft von Trauben gissen.

Macht einen von Zibeth und Ambra süssen Rauch.

Sprengt die geweyhte Flutt durch euren Myrthen-Strauch

Auf der Verliebten Haupt. Laßt uns mit dieser Lantze

Der Braut ihr Haar zertheiln; und mit dem Rosen-Krantze

Beblümen beyder Stirn / die Locken hüllen ein

In dieses Schleyers Gold / und ihnen Heil zuschrein!

ALLE.

Gib / Göttin / Masiniß- und Sophonisben Glücke!

Daß sie kein schwartzer Stern / kein giftig Aug anblicke!

BOGUDES.

Reicht beyd einander hin den Trau-Ring / dessen Stahl

Beständiger nicht sey / als des Gelückes Strahl!

Reicht den Verliebten nun das Wasser und die Flammen.

Schrenckt die geflochtnen Hand itzt noch einmal zusammen.

Ich schnell Ihr / Sophonisb' / itzt Strick und Gürtel zu /97

Die Masinissens Hand bey der verlangten Ruh

Im Bette lösen sol. Die gantze Schaar wird müssen

Nun für der beyden Heil der Liebe falln zu Füssen:

Ihr Nympfen müßt ringsher verliebte Blumen streun.

Schlüßt / Kinder / sie in Kreiß von eitel Fackeln ein.

ALLE.

Gib / Göttin / Sophonisb- und Masinissen Glücke!

Daß sie kein schwartzer Stern / kein giftig Aug anblicke!

BOGUDES.

Macht mir ihr Kinder drey Schnee-weiße Tauben loos /

Und lägt zum Opfer sie der Göttin in die Schoos.

Ach! Delephat / die du von Saltz und See gezeiget /98

Doch älter solst als Ammon sein /99

Hilf glücklich uns dis Paar einweihn!

Sey beyder Seelen Lieb und Bündnüsse geneiget!

Beschencke sie mit so viel Fruchtbarkeit /100

Als deine Gunst dem Schopffen-Vieh verleiht!

Salambo / streue den verliebten Beyden

Auf Bett und Tisch das schärfste Saltz der Freuden /101

Das unser Leben uns / wie Saltz die Speifsen / würtzt!

Laß Seel und Mund den Liebes-Zucker schmecken /

Den Priapus sie aber nicht erschrecken /

Befiehl: daß beyden er die Zeit mit Lachen kürtzt.102[298]

Du Himmels-Königin / Lust-schaffende Mylitte /103

Nim an den Opfer-Teig / er zeugt dein eigen Bild /

Das West-Phœnicien104 verehrt für seinen Schild /

Sey der Verlobten Schirm / gewehr uns unser Bitte!

Astarthe / Sonne dieser Erden /105

Die als kein Atlas nicht / die Kugel dieser Welt106

Auf ihren Achseln hält;

Durch die die Tage schön / die Nächte lichte werden;

Die du der Hertzen Königin /

Schutz-Göttin der Phœnizer stets bist blieben /

Nim von mir dis dein Opfer hin /

Beseelige der zwey Verliebten Lieben!

Laß dieser reinen Tauben Blutt /

Woraus mein Arm das Eingeweyde reisset /

Und in die dir geweyhte Flammen schmeisset /

Versöhnen deine heilge Glutt /

Laß deiner Hold und Anmuths süsse Kertzen

Mit Lust erfülln die hier vermählten Hertzen!

ALLE.

Gib / Göttin / Sophonisb- und Masinissen Glücke!

Daß sie kein schwartzer Stern / kein giftig Aug anblicke!

BOGUDES.

Wie? wil die eine Taub erst sich entzihn der Glutt?107

Laß uns das Eingeweid erforschen: ob es gutt /

Ob dieser Liebe Band der Göttin wol gefalle?

Ihr Götter! aber Ach! fehlt doch hier gar die Galle!

Die Leber liegt nicht recht / und ist geschrumpfen ein:

In diesem aber ist das Hertze gar zu klein.

Ja auch die Flamme wil nicht rein und lodernd brennen.

Gewiß / ein Zufall wird bald diesen Ehstand trennen.

SOPHONISBE.

Ihr Götter reiner Eh / steht allzumal uns bey!

Daß dieser Sonnenschein kein schädlich Blitz uns sey!

Ach! aber / wie erstarrn mir die Eiskalten Glieder!

Das Hertze kocht und bebt / ich sinck in Ohnmacht nieder!


C. Lælius nebst einer Menge Römischer Soldaten. Und alle Personen in vorigen Auftritte.


LÆLIUS.

Hilf Himmel! seh ich recht? ists Bländwerck? oder wahr?

Daß Masanissa kniet für Dercetens Altar /[299]

Und Sophonisben ihm vermeinet zu vermählen?

MASINISSA.

Läßt unsre Heyrath sich wol unter Wunder zehlen?

LÆLIUS.

Rom giebet nimmermehr: daß dis geschehe / zu.

MASINISSA.

Wie? wenn es schon geschehn? sol auch ich / was ich thu /

Nach deiner Richtschnur thun / und Rom umbs Jawort bitten?

LÆLIUS.

In Sachen / die mit Rom den theuren Bund zerrütten.

MASINISSA.

Was reißt für einen Punct mein Heyraths-Schluß entzwey?

LÆLIUS.

Jedweden: daß er ihm legt unsre Feindin bey.108

MASINISSA.

Die ist nicht Feindin mehr / die Masinissa nimmet.

LÆLIUS.

Sie ist zum Siegs-Gepräng uns Römern schon bestimmet.

MASINISSA.

Sol Sophonisbe nicht des Siegers Beute sein?

LÆLIUS.

Du nimmst Numidien mit Römschen Armen ein.

MASINISSA.

Die Hauptstadt Cyrtha fällt durch Masanissens Degen.

LÆLIUS.

Muß Scipio nicht vor den Asdrubal erlegen?

MASINISSA.

Durch diesen Arm gerieth sein Läger in den Brand.

LÆLIUS.

Das Haupt war Scipio / du seine blosse Hand.

MASINISSA.

Wo kämpfte Scipio / als Syphax ward gefangen?

LÆLIUS.

Sol Lælius kein Theil von dieser Beut empfangen?

MASINISSA.

Du schreibst itzt alles auch des Heeres Haupte bey.

LÆLIUS.

Meinst du; daß Lælius dein Knecht gewesen sey?

MASINISSA.

Meinst du: daß Masaniß euch / wie ein Sclave diene?

LÆLIUS.

Mich wundert: daß er sich so viel auf Rom erkühne.

MASINISSA.

Auf Rom / dem ich das Thor in Africa schloß auf.

LÆLIUS.

Welch Riegel hat gehemmt der Römschen Waffen Lauf?

MASINISSA.

Der Mohren Siege fahrn selbst auf dem Sonnen-Wagen.

LÆLIUS.

So könt ihr mehr als Rom von Sieg und Thaten sagen?

MASANISSA.

Wir sind Phönicier; Tsor unser Vaterland109 /

Vom grosen Chna gezeugt;110 durch Sud und Ost bekant.

Wie weit der Schatten reicht / der Erdkreiß Sternen schauet /

Hat unser Mast gefahrn / und unsre Hand gebauet.111

Wir gaben die Gesetz und Bau-Kunst aller Welt.112

Wir haben euch gelehrt / wie man das Kriegs-Volck stellt /

Wie man die Hand zur Zung / und's Auge macht zu Ohren /

Durch die erfundne Schrifft; die Weißheit ist gebohren

Bey uns / und nach Athen und Memphis überbracht.

Die ersten Schiffe sind von unser Axt gemacht /

Die Rechen-Kunst entsprang aus unserem Gehirne /

Wir segelten zu erst nach Leitung der Gestirne /[300]

Die Seulen Hercules113 / wo er geruhet hat /

Warn in der Erde Ring ins grosse Meer ein Pfad /

Bis in das rothe Meer umb Africa zu schiffen.114

Wir suchten Thule auf. Des Hanno Schiffe lieffen

Bis in der Sonnen Bett in eine neue Welt /115

Die Kaccabe noch itzt für ein Geheimnüs hält /

Und endlich ihr und uns für einen Freyheits-Hafen /

Wenns Ammon ja verhengt: daß Rom die Welt zu Sclaven /

Und unser Land / aus dem Rom allen Weitzen kriegt /116

Zur Wüsten machen sol. Jedoch der Würffel liegt

Zum Spiel noch auf dem Tisch und unsre Köcher stecken

Voll Pfeile / die die Luft wie Wolcken überdecken.117

Wormit Numidien nicht wird die Römer fehln /

Wenn Fürsten man schreibt für / wem sie sich solln vermähln.

Euch lehrt schon Regulus: daß Hoffart für dem Falle /

Trotz für der Kleinmuth kommt.

LÆLIUS.

Nicht lasse Lieb und Galle /

Die Feinde der Vernunft / dir stören Glück und Ruh.

MASINISSA.

Es billiget das Recht und Klugheit / was ich thu.

LÆLIUS.

Du wirsts bereun / wenn du wirst Zorn und Brunst beherrschen.

MASINISSA.

Du greifst mir an das Hertz / und trittst mich auf die Fersen.

LÆLIUS.

Sagstu den Bund uns auf?

MASANISSA.

Dafern ihn Rom versehrt.

LÆLIUS.

Die Bündnüs-Brüche sind bey Römern unerhört.

MASINISSA.

Vom Bunde bin auch ich kein Haar-breit abgewichen.

LÆLIUS.

Der Bund wird durch den Schluß der Heyrath gantz durchstrichen.

MASINISSA.

Ein Knecht / kein König darf nicht nehmen / wen er wil?

LÆLIUS.

Mit Feinden sich vermähln / verrückt das Bündnüs-Ziel.

MASINISSA.

Schätzt Rom auch Weiber Feind / und tragt ihr Furcht für ihnen?

LÆLIUS.

Ihr zaubernd Liebreitz kan zu ärgstem Meyneyd dienen.

MASINISSA.

Glaubt: Masanissa sey kein flatternd Wetterhahn.

LÆLIUS.

Des Syphax Untreu lehrt / was Sophonisbe kan.

MASINISSA.

Sie wird sich itzt entfernt von den Verführern schauen.

LÆLIUS.

Der Wurtzel Gift ist nicht mit Aesten abzuhauen.

MASINISSA.

Maßt angestammtes Gift ihr Sophonisben bey?

LÆLIUS.

Sagt / wer wie Barchens Stamm auf Rom vergiftet sey?

MASINISSA.

Sie wird euch Treu und Bund wie Masanissa g'loben.[301]

LÆLIUS.

Der Grund bleibt Gift / schwimmt gleich so Oel als Zucker oben.

MASINISSA.

Es läßt so liederlich sich nicht mit Eyden spieln.

LÆLIUS.

Sie hat vorher geschworn: an uns den Grimm zu kühln.

MASINISSA.

Die Lästerung siht auch an Sonnen Fleck und Schatten.

LÆLIUS.

Wir werden nimmermehr / was du beginnst / verstatten.

MASINISSA.

Wir gleichwol sehn: wer uns wird endern Schluß und Sinn.

LÆLIUS.

Reißt Sophonisben ihm stracks von der Seiten hin.

MASINISSA.

Der erste / der sie rührt / sol Tod und Sebel küssen.

LÆLIUS.

Volstrecket den Befehl an Ihr! Trotz Masanissen!

MASINISSA.

Auf! edle Mohren / lehnt Gewalt ab mit Gewalt.

BOMILCAR.

Besinnt / ihr Helden / euch!

MASINISSA.

Auf! laßt viel eh uns kalt /

Als Römsche Knechte sein!

LÆLIUS.

Fahrt fort an sie zu setzen.

BOMILCAR.

Wo rennt ihr Helden hin? wollt ihr die Schwerdter wetzen /

Ausschütten Gall und Zorn / so kühlet Hertz und Muth

In eignen Därmen nicht; verspritzt der Feinde Blutt /

Zestört Carthagens Nest / das neue Schwerdter schleiffet.

MASINISSA.

Wer kan mehr Feind uns sein / als der ans Hertz uns greiffet?

Die Mordwehr auf uns zückt / ja uns für Sclaven hält?

MANASTABEL.

Laß Lælius die Rach itzt bleiben ausgestellt /

Bis der Begierden Brand im Hertzen sich gekühlet

Und Scipio selbst kommt. Geschwinder Eifer zielet

Auf Ausschlag / welchen Zeit / Vernunft und Witz bereut.

LÆLIUS.

Sol Rom und Lælius erzittern / wenn Er dräut?

MASINISSA.

Soln wir den Wolf das Schaf uns furchtsam lassen rauben?

BOMILCAR.

Behertzigt: was ihr thut. Man kan bald was auf Schrauben

Und auf die Spitze stelln: daß weder Witz und Fleiß

In seinen rechten Stand es zu versetzen weiß!

Wil Rom sich umb ein Weib mit Masanissen trennen?

Vergeben seiner Treu / nicht seine Dienst' erkennen?

Carthago stehet noch / ist Cyrtha gleich gefalln:

Es hofft auss Glückes Rad / und pocht auf Hannibaln.

Kurtz: laßt ihr diesen Bund in Krieg und Zwist zerrinnen /

Wird Masanissa nicht / auch Rom nicht Seide spinnen.

LÆLIUS.

Der Zwist / ich geb es nach / mag endlich stehen an /

Bis ihm selbst Scipio den Ausschlag geben kan:

Ob Syphax und sein Weib sol deine Beute bleiben.

MASINISSA.

Der gab ihn! aber was vernünftger und bescheiden.[302]

LÆLIUS.

Die Hofnung heuchelt dir. Es wird auch Er durchs Schwerdt

Den Knoten lösen auf / wie Lælius begehrt.

Schafft aber den Torquat / und die hier mehr gefangen

Noch sitzen / stracks hieher.

HIMILCO.

Des Lælius Verlangen

Sol Augenblicks geschehn. Weil aber den Torquat

Die Königin nechsthin fürs Reich geopffert hat /

So wirds unmöglich falln ihm den Torquat zu liefern.

LÆLIUS.

Macht ihr / ihr Tyger / euch zu giftgen Ungeziefern?

Verteufelt-böse That! verdammter Aberwitz!

Wie? regnets Schwefel nicht / und schlägt der lichte Blitz

Nicht in die Opferung / für der die Haut mich schauert /

Mein Haar zu Berge steht? für der der Himmel trauert /

Die Euch Hystaspides fürlängst hat abgeschafft;118

Euch / die ihr habt mit Schimpf erlernet / was für Krafft

In euern Greueln steckt / als der verdammten Mohren

Altar und Königreich fast gäntzlich gieng verlohren

Durch Agathoclens Faust. Meint ihr / die Götter sind

So grausam / als wie ihr? die ihr so thumm und blind

Die Menschen schlachtet ab / für derer langes Leben

Gott wil gebethen sein?119 und an Altären kleben

Laßt das verspritzte Blutt / das schlechten Sand befleckt?

Brecht ihr auch das Verboth / das Gelo euch gesteckt?120

Wol! wir wolln gleiches Recht auf euren Adel üben.

Laßt die Gefangenen / die noch sind übrig blieben /

Schnur-stracks uns schaffen her. Welch Prister aber hat

Unmenschlich ausgeübt die ärgste Greuel-That?

Ists dieser Götzen-Knecht? Ja sein verblaßt Gesichte /

Sein bebend Leib gestehts: daß er dis Blutt-Gerichte

Der Hellen hat gebracht. Halt! du solst zeitlich fühln;

Ob sich mit Menschen-Blutt der Götter Zorn läßt kühln /

Wie auf Abgötterey der Himmel Hagel regne;

Und die / die ihr verflucht / mit Lorber-Kräntzen segne.


C. Lælius. Mamercus. Bogudes. Drey Gefangene / und darunter Syphax verkleidet. Sophonisbe. Masinissa, und alle vorige Personen.


MAMERCUS.

Hier hab ich / grosser Held / drey Mohren aufgebracht /

Die diesen Abend sich vermummt in Römsche Tracht[303]

Geflüchtet aus der Stadt.

LÆLIUS.

Sie kommen gleich zu rechte.

Torquatens edles Blutt sol durch das Blutt der Knechte

Bespritzt sein und versöhnt. Nimm stracks mit ihnen für

Dein Opffer.

BOGUDES.

Herr / es ist nicht zugelassen mir.

LÆLIUS.

Wer hindert / was man schafft?

BOGUDES.

Die himmlischen Gesetze.

LÆLIUS.

Hört mir den Wahnwitz an / dis albere Geschwätze!

Warumb ward nicht die That auch am Torquat verwehrt?

BOGUDES.

Weil unser Götter Grimm nur frembdes Blutt begehrt /

Es sey denn: daß ihr Kind die Eltern selber schlachten.

LÆLIUS.

Setzt ihr Verzweifelten so ungeheure Trachten

Den Göttern aufs Altar / die Atreus Taffel nicht121

Setzt dem Thyestes auf? Und Titans sternend Liecht

Geht hier wie zu Mycen den Krebsgang nicht zurücke?

Entsetzt sich die Natur nicht selbst? stracks / Mörder / schicke

Dich zu der Opferung verdammter Mohren an;

Das Rom mit mehrerm Fug auf euch beginnen kan.

BOGUDES.

Eh als ich dieses thu / werd ich den Geist ausblasen.

LÆLIUS.

Solln Hencker über dich / verstockter Bube / rasen?

BOGUDES.

Es ist erträglicher / als Götter-Rache fühln.

LÆLIUS.

Der Abgrund sol an dir bald seine Flammen kühln /

Die Furien dich mehr als den Busiris plagen.

Man muß stracks an den Pfal den Teuffels-Priester schlagen /122

An dem er mehrmals hat Abgöttschen Mord verübt.

BOGUDES.

Solch Tod bestetigt es: Bogudes sey beliebt

Den Göttern / denen er als Priester sich geweihet /

Weil er zum Opfer selbst auf ihr Altar gedeyet;

Ihr edles Creutze küßt.123

LÆLIUS.

Hört mir den Wahnwitz an!

Wie der Verzweifelte noch höhn- und trotzen kan;

Laßt / wenn er angepfleckt / die Brust ihm undurchschnitten /

Bis er gesehn die Drey die schwartze Seel ausschütten.

BOGUDES.

Die Unschuld hegt in sich ein Diamanten Hertz

Und Augen aus Porphier / die weder weicher Schmertz

Noch nasse Wehmuth rührt.

LÆLIUS.

Der Außgang wird es lehren /

Wie weit Hartneckigkeit nicht möglich zu versehren.

Ist aber kein Busir sonst hier in Cyrtha dar /

Der diese Drey thut ab auf dieses Mord-Altar?

Weil für der Grausamkeit mir so fängt an zu grauen:

Daß ich die Römer nicht hierdurch befleckt kan schauen.[304]

Ist Niemand unter euch / ihr Mohren / der die Drey

Zur Rach uns opfern wil / und durch die Raserey

Verdienen unsre Hold?

SOPHONISBE.

Darf ich mich wol erkühnen

Durch ein verzweifelt Werck mir Wolfahrt zu verdienen?

Hier stellt sich / Lælius / dir eine Königin /

Die kein Bedencken trägt die Drey zu richten hin /.

Umb euch zu machen wahr: daß ich durch Masanissen

Mit Römern Freindschaft wolln / mit Mohren Feindschaft schlüssen /

Daß ein Schneeweißes Hertz in braunen Brüsten steckt.

LÆLIUS.

Ists glaublich / was sie sagt? Sehr wol! es sey vollstreckt

Was uns ihr Mund verspricht.

SOPHONISBE.

Ich wil mit Lachen schneiden

Die Hertzen aus der Brust. Kommt / laßt mich euch entkleiden.

Reicht mir das Messer her. Tritt näher in das Licht.

Hilf Himmel! ich bin todt! ich kan das Messer nicht

Mehr halten! mir erstarrn / ihr Götter / Mund und Hände!

LÆLIUS.

Wie? nimmt ihr hitzig Trieb der Mordlust schon ein Ende?

SOPHONISBE.

Ach! dis –

LÆLIUS.

Was träumt ihr?

SOPHONISBE.

ist –

LÆLIUS.

Wer?

SOPHONISBE.

Syphax.

LÆLIUS.

Syphax?

SOPHONISBE.

Ja.

BOMILCAR.

Schwermt Sophonisb'?

SOPHONISBE.

Er ists!

BOMILCAR.

Unmöglich!

SOPHONISBE.

Ach! ich sah

Itzt ja auf seiner Brust ein unbetrüglich Zeichen!124

MASINISSA.

Sein Antlitz lässet sich dem Syphax nicht vergleichen.

SOPHONISBE.

Ziht nur sein falsches Haar vom Haupt und Antlitz weg.

SYPHAX.

Ja! Leider / ja / ich bins! laßt aber euren Zweck

Vom Zufall nicht verzihn und meinem hohen Stande.

Der Tod ist Königen erträglicher als Bande /

Da sie der Feinde Spott / der Freunde Greuel sein /

Und schaun: daß Meineyd flicht verschworne Seelen ein.

Auf! Syphax / auf! ergreif der Sophonisbe Messer!

Auf! reche Lieb und Schmach.

MASINISSA.

Halt Thörchter!

SYPHAX.

Es ist besser

Daß dieses Messer ihr der Adern Brunn durchgräbt /

Als geiler Wollust-Koth auf Lilg- und Brüsten klebt;

Daß mein und ihr kalt Blutt hier rinne schwartz zusammen /

Als daß ihr Ruhm verwelckt für Masanissens Flammen.

SOPHONISBE.

So wil mein Syphax mir nunmehr ein Hencker sein?[305]

SYPHAX.

Ja in dein Blutt mit Lust dis Messer tauchen ein.

SOPHONISBE.

Gebieret meine Lieb in dir so strenge Rache?

SYPHAX.

Verletzte Liebe wird ein Weingetränckter Drache.125

SOPHONISBE.

Wordurch hab ich mein Schatz so heftig dich verletzt.

SYPHAX.

Untreue! hastu mich nicht diesem nachgesetzt?

SOPHONISBE.

Die Untreu hat uns nicht / das Glück uns nur getrennet.

SYPHAX.

Wahrhafte Liebe wird beym Unglück erst erkennet.126

SOPHONISBE.

Entschuldigt / wenn ihr Fuß tritt gleitend auf dis Eiß.

SYPHAX.

Hört wie die Heucheley sich zu verreden weiß.

SOPHONISBE.

Die Liebe gegen dich wallt noch in meinen Brüsten.

SYPHAX.

Wie mag dich Falsche denn nach neuer Eh gelüsten?

SOPHONISBE.

Weil sie mir Heil verleiht / dir keinen Abbruch thut.

SYPHAX.

Kan ein rein Hertze nehrn zweyfache Lieb und Glutt?

SOPHONISBE.

Sie hat zweyfachen Sitz aus Noth in mir gewonnen.

SYPHAX.

Du bländest Ihn / und Mich / mit falschen Neben-Sonnen.

SOPHONISBE.

Ich schwere: daß ihr mir zwey rechte Sonnen seyd.

Daß beyden mein gantz Hertz verknüpft ist und geweiht.

Entsinne dich / mein Licht / mit was für heissem Lieben

Ich bis auf diesen Tag dein treuer Schatz bin blieben /

Wie ich für heisser Brunst / und du entzückt für Lust

Zerschmoltzen in der Schoos / gelächst auf meiner Brust /

Wie oft ich meine Seel in deinen Mund geflösset /

Mit deiner Hand gespielt / die mich itzt von dir stösset /

An mir zum Mörder wird. Wie oft dein treuer Eyd

Beweglich sich verschworn: daß weder Tod / noch Leid /

Zeit / Flamme / Pfal und Ertzt / auch nicht des Himmels Krachen

Mich solte dir verhaßt / dich auf mich eyfernd machen.

Zwar glaub ichs / Eyfersucht reitzt dich zur Rachgier an.

Doch die Vernunft schlägt dis / was sie nicht nutzen kan /

Verächtlich in den Wind. Was bringt dirs für Vergnügen /

Wenn diese / die du liebst / und nicht kanst wieder kriegen /

Nebst dir durch Sturm vertirbt? und nicht entschwimmen darf /

Ob ihr das Glücke gleich ein Stücke Brett zuwarf.

Wahrhafte Liebe kan Geliebten nichts mißgönnen.

Zu dem wird Syphax ihm den Feind versöhnen können /

Wenn er guttwillig mich tritt Masanissen ab /

Die Glück und Tugend ihm vor schon zur Beute gab.

Was ohne dis verspielt / läßt unschwer sich verschencken.[306]

Schöpft aber Syphax Lust / wenn er mein Hertze kräncken /

Mein Glücke frören kan / so knie ich hin für dich;

Vollstrecke nun behertzt den vorverwehrten Stich!

SYPHAX.

Ihr Götter! habt ihr noch mit mir nicht ausgespielet?

Hat noch mein tieffer Fall nicht euren Muth gekühlet?

Nicht euren Zorn gelescht? Sol Lieb und Eyfer noch

Begierden und Vernunft mich henckern? da das Joch

Der Dienstbarkeit vorher drückt den gekrönten Nacken.

Nein / Masanissa / nein / wetz auf mich Beil und Hacken /

Schärff auf mich Stahl und Schwerdt / du nimmst mit Willen mir

Nicht Sophonisben weg! Wie? oder lassen wir

Mit mehrerm Ruhm und Nutz ihm die Vermählte fahren?

Nein! sicher / Wolthat läßt mit Feindschafft sich nicht paaren.

Ich schütte Schmach und Fluch auf die Vermählten aus!

Sie wünschend im Verterb / das Hochzeit-Bett im Graus /

Den Thron im Staub zu sehn.

MASINISSA.

Laßt hier den Thörchten stehen /

Den Tummen rasen aus / uns zur Vergnügung gehen!

Dem Lælius steht sonst zu ordnen alles frey /

Wie Syphax und die Stadt wol zu verwahren sey.

SYPHAX.

Untreue! wagst du dich so offentlich zu brechen

Mir Treu / und Eh und Eyd? dem Feinde zu versprechen

In meiner Gegenwart / mein / nicht dein Eygenthum?

Auf! Syphax / auf! du kanst mit unversehrtem Ruhm /

Mit unerstarrtem Aug / und Marter-freyem Hertzen

Nicht solchen Greuel sehn. Auf! hilf so grimmen Schmertzen

Durch ihr / auf meine Brust gezücktes Messer ab!

LÆLIUS.

Halt / Syphax! reißt ihm aus das Messer! Tod und Grab

Steht nicht Gefangnen frey. Auch kans noch wol geschehen:

Daß du / eh als du meinst / dein Weib wirst Wittib sehen

Getrennt von Masaniß. Ihr / schlüßt die sämtlich ein.

Denn Scipio mag ihr und aller Richter sein.[307]


Reyen


Der Eyfersucht. Der Vernunfft. Des Neides. Der Narrheit. Der Verzweifelung. Die Schönheit und Einbildung werden mit ihren Bildungen stumm fürgestellt.


DER NEID.

Auf Eyfersucht! zerbrich des Abgrunds Kluft!

Weil Neid nichts mehr an Lieb und Schönheit schafft.

Komm steh mir bey; vergifte Land und Luft /

Weil Lælius hat nicht mehr so viel Kraft

Den Masaniß aus Sophonisbens Ketten /

Darein sie ihn verzaubert hat / zu retten.

DIE EYFERSUCHT.

Welch Vorwitz tagt mich aus der bangen Nacht?

Aus Phlegrens Hol / und wüster Einsamkeit.

Wo Titan und Diana nie erwacht /

Wo stille Furcht stets unter Eulen schreit /

Wo Kröten girrn / und fette Schlangen zischen /

Wo Dampf und Stanck sich mit Verdruß vermischen.

DER NEID.

Auf! Eyfersucht / verstöre Lieb und Lust.

Dein Reif sengt ja sonst Blum und Anmuth weg.

Du kochest Gall aus Zucker in der Brust /

Sämst Nesseln ein / und schmierst auf Lielgen Fleck' /

Ersteckst und saugst aus Rosen giftig Eyter;

Vergiftest Ambra / tödtest reine Kräuter.

DIE EYFERSUCHT.

Ists nicht genung: daß ich das Hertz in mir

Mir selbst freß ab? daß mein Medusen-Haar

Mich kehrt in Stein und in ein ärger Thier

Als Sphynx / Chimer / Ocypete nicht war?[308]

Daß Molchen-Blutt und Nattern-Fleisch mich speisen?

Daß ich mich selbst stets tödte durch dis Eisen?

DER NEID.

Auf! wirf Napel in Liebes-Garten ein!

Kehr ihre Ruh in ein bestürmtes Meer.

Die Circe wandelt Menschen in ein Schwein /

Calisto wird durch Junons Rach ein Beer:

Und du läßt dich itzt Cyrthens Schönheit bländen?

Auf! rüste dich mit Wermuth / Gift und Bränden!

DIE EYFERSUCHT.

Hast du verspielt? werd ich nicht Sieger sein.

Dem Drachen ward entführt das güldne Flüß /

Und Argus schläfft mit hundert Augen ein /

Als in ein Horn Betrug und Liebe bließ;

Wird Juno nicht selbst mit samt mir bethöret /

Wenn Jupiter als Kuh die Io ehret?

DER NEID.

Mars Liebe / List / so Stärck als Witz verspielt /

Wenn Eyfersucht bewafnet den Vulcan:

Der sich durchs Garn an seiner Venus kühlt.

Versuche nun / was deine Stärcke kan.

Dein zweyfach Antlitz / deine tausend Augen /

Dein Hirschfuß / kan dir stets zum Siege taugen.


Der Wurm / der dir nagt an der lincken Brust /

Macht: daß sichs Ohr zu jedem Rasseln spitzt.

Dein blauer Mund haucht Pest zu jeder Lust /

Weil der Verdacht dir stets im Hertzen sitzt /

Neid und Geschrey dir stets gellt in die Ohren;

Auf! auf! hab Acht / sonst ist dein Schatz verlohren!

DIE EYFERSUCHT.

Ach! Schwester! ach! ach! was erblick ich schon?

Was seh ich dort für eine Kuplerin?

Was stiftet sie zu meinem Schimpf und Hohn?[309]

Was für ein Adler raubt den Schatz mir hin?

Was für ein Buhler spielt auf ihren Wangen?

Auf! laßt uns ihn in unser Netze fangen!

DIE VERNUNFT.

Wahnsinnige! was träumt für Narrheit dir?

Schlag in den Wind so thörchte Fantasey.

Halt! setze nur dir meine Prillen für;

Sihst dus: daß es nur eine Fliege sey?

DIE NARRHEIT.

Wenn Jupiter wil Junons Buhler werden /

Weiß er sich als ein Guckuck zu gebehrden.

DIE EYFERSUCHT.

Ach! Schwester / ach! ach! was erblick ich itzt?

Was ists / das ihr die Kuplerin einbläßt?

Was ist es / das auf ihren Brüsten sitzt?

Wer ists / den sie sich so betasten läßt?

Auf! diesen Schnee sol keine Faust befühlen!

Auf! auf! sein Blutt muß meinen Zorn abkühlen!

DIE VERNUNFT.

Wahnwitzige! bist du dumm oder blind?

Komm schaue: wer mit ihr zu buhln begehrt.

Erkennst dus nun: daß es nicht Finger sind,

Dis ist ein Kefer / dis ein Grase-Pferd.

DIE NARRHEIT.

Wenn Jupiter wil Danaens genüssen /

So kan er auch in regnend Gold zerflüssen.

DIE EYFERSUCHT.

Ach! wen führt itzt die Kuplerin zu ihr?

Welch Bube küßt ihr ihren schönen Mund?[310]

Welch eine Hand ragt bey der Schürtze für?

Auf! Schwester / laß uns tödten diesen Hund!

Auf! laß uns ihm den frechen Halß zerbrechen!

Und meinen Schimpf durch sein Verterben rechen.

DIE VERNUNFT.

Stockblinder Narr! was nimmstu Thörchtes wahr?

Was grämst du dich und sie so sonder Noth?

Halt / lasse mich dir stechen vor den Staar!

Erschlag den Floch / tritt diese Spinne todt!

DIE NARRHEIT.

Wenn Jupiter wil bey der Leda liegen /

Verstellt er sich in Schwan / sie zu betrügen.

DIE EYFERSUCHT.

Itzt kan gewiß mein Auge nicht mehr irrn!

Ach! Schwester / ach! ach! wer umbarmt sie gar!

Wie lächelt sie? wie weiß sie ihn zu kirrn?

Was zweifeln wir? itzt ist der Ehbruch klar!

Schaust dus? mein Haupt kriegt wie Actæon Hörner!

Auf! brauche Schlangen / Dolche / Peitschen / Dörner.

DIE VERNUNFT.

Nachdem du ja stets durch ein Blaster sihst;

Bezauberte / so brauche Fühl' / und Hand.

Fühlst du was? Nein; nur: daß dis Schatten ist /

Der dich bethört / und äffet an der Wand.

DIE NARRHEIT.

Wenn Jupiter Antiopen begehret /

Wird er in ein Gespenst und Bock verkehret.

DIE EYFERSUCHT.

Nun / Schwester / ists umb meinen Schatz gethan.

Verteufelte / verfluchte Kuplerin![311]

Welch Hercules spricht umb die Gunst sie an?

Welch Cyclops rennt zu Galatheen hin?

Ist sie gleich keusch; die Nothzucht wird sie zwingen.

Auf! laß uns ihr behertzt zu Hülffe springen!

DIE VERNUNFT.

Mondsüchtige! du bist Erbarmens werth.

Halt! schaue vor durchs Schau-Glaß / wer sie find /

Dis ist ein Zwerg / der einen Scherf begehrt;

Und jenes ein Allmosen bettelnd Kind.

DIE NARRHEIT.

Wenn Jupitern Alcmenens Gunst sol weiden /

Weiß er in einen Knecht sich zu verkleiden.

DIE EYFERSUCHT.

Ach! itzt bin ich verrathen und verkaufft!

Wer / Schwester / mag der glatte Jüngling sein?

Der umb mein Licht wie ein jung Rehbock lauft?

Itzt liefert er ein Buhler-Lied ihr ein?

Welch edler Held erscheint mit Helm und Spisse?

Auf! Schwester / daß dis Paar stracks sterben müsse!

DIE VERNUNFT.

Hier brauche von der Augen-Salb ein Theil /

Weil alles dir so frembd und seltzam scheint.

Siehst du dis Weib / die Nadeln träget feil?

Den Hirten / der sich zu vermitten meint?

DIE NARRHEIT.

Daß Omphal' und Europe beyden bleibe /

Wird Jupiter ein Rind / sein Sohn zum Weibe.

DIE EYFERSUCHT.

Ach! Schwester / zetter! zetter! ich vergeh!

Ach! siehst dus nicht? wer meinen Schatz umbfängt.[312]

Er küsset sie / sie ihn. Weh / weh! ach! weh!

Schau! wie er gar den Brautt-Schmuck umb sie hengt.

Sie reichet ihm ein Haarband; nebst zwey Ringen.

Nun ist es Zeit sie und mich umbzubringen.

DIE VERNUNFT.

Bezwinge dich! Ein solch Meineydisch Weib

Ist keiner Lieb / auch keines Seuftzers werth.

Sie verunehrt nicht dich / nur ihren Leib.

Und endlich wird ihr Straf und Schimpf gewehrt!

DIE VERZWEIFELUNG.

Weg mit Geduld! Ein Strick und Dolch ist besser.

Geh tödte dich und sie. Hier ist ein Messer.

Quelle:
Daniel Casper von Lohenstein: Afrikanische Trauerspiele. Stuttgart 1957, S. 295-313.
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