IIII.

1


31KOnig NebucadNezar / Allen Völckern / Leuten vnd Zungen / Gott gebe euch viel Friede. 32Jch sehe es fur gut an / das ich verkündige / die Zeichen vnd Wunder / so Gott der Höhest an mir gethan hat / 33Denn seine Zeichen sind gros / vnd seine Wunder sind mechtig / vnd sein Reich ist ein ewiges Reich /vnd seine Herrschafft wehret fur vnd fur.

1Jch nebucadnezar / da ich gute ruge hatte in meinem Hause / vnd es wol stund auff meiner Burg / 2sahe ich einen Traum / vnd erschrack / vnd die gedancken / die ich auff meinem Bette hatte / vber dem Gesichte / so ich gesehen hatte / betrübten mich. 3Vnd ich befalh / Das alle Weisen zu Babel fur mich her auff bracht würden / Das sie mir sagten / was der Traum bedeutet. 4Da bracht man her auff die Sternseher / Weisen / Chaldeer vnd Warsager / vnd ich erzelet den Traum fur jnen / Aber si kundten mir nicht sagen / was er bedeutet. 5Bis zu letzt Daniel fur mich kam (welcher Beltsazer heisst / nach dem namen meines Gottes) der den Geist der heiligen Götter hat /Vnd ich erzelete fur jm den Traum. 6Beltsazer / du Oberster vnter den Sternsehern / welchen ich weis /das du den Geist der heiligen Götter hast / vnd dir nichts verborgen ist / Sage das Gesichte meines Traumes / den ich gesehen habe / vnd was er bedeutet.


7DJs ist aber das Gesicht / das ich gesehen habe auff meinem Bette / Sihe / es stund ein Bawm mitten im Lande / der war seer hoch / 8gros vnd dicke / seine höhe reichet bis in Himel / vnd breitet sich aus bis ans ende des gantzen Landes. 9Seine Este waren schön / vnd trugen viel Früchte / dauon alles zu essen hatte / Alle Thiere auff dem felde funden schatten vnter jm / vnd die Vogel vnter dem Himel sassen auff seinen Esten / vnd alles Fleisch neeret sich von jm.

10VND ich sahe ein Gesichte auff meinem Bette /vnd sihe / ein heiliger Wechter2 fur vom Himel erab / 11der rieff vber laut / vnd sprach also / Hawet den Bawm vmb / vnd behawet jm die Este / vnd streifft jm das Laub abe / vnd zerstrewet seine Früchte / das die Thier / so vnter jm ligen / weglauffen / vnd die Vogel von seinen Zweigen fliehen. 12Doch lasst den stock mit seinen Wurtzelen in der erden bleiben. Er aber sol in eisern vnd ehern Ketten auff dem felde im grase gehen / Er sol vnter dem taw des Himels ligen / vnd nas werden / vnd sol sich weiden mit den Thieren von den kreutern der erden. 13Vnd das menschlich Hertz3 sol von jm genomen / vnd ein viehisch Hertz jm gegeben werden / Bis das sieben zeit vber jn vmb sind. 14Solchs ist im rat der Wechter beschlossen vnd im gesprech der Heiligen beratschlagt / Auff das die Lebendigen erkennen / das der Höhest gewalt hat vber der menschen Königreiche / vnd gibt sie / wem er wil / Vnd erhöhet die Nidrigen zu den selbigen.

15SOlchen Traum hab ich könig NebucadNezar gesehen / Du aber Beltsazer / sage / was er bedeut /Denn alle Weisen in meinem Königreiche können mir nicht anzeigen / was er bedeute / Du aber kansts wol /Denn der Geist der heiligen Götter ist bey dir.


16DA entsetzt sich Daniel / der sonst Beltsazer heisst / bey einer stunde lang / vnd seine gedancken betrübten jn. Aber der König sprach / Beltsazer / Las dich den Traum / vnd seine deutung nicht betrüben. Beltsazer fieng an vnd sprach / Ah mein Herr / das der Traum deinen Feinden / vnd seine deutung deinen Widerwertigen gülte. 17DEr Bawm / den du gesehen hast / das er gros vnd dicke war / vnd seine höhe an den Himel reichet / vnd breitet sich vber das gantze Land / 18vnd seine Este schön / vnd seine Früchte viel / dauon alles zu [117b] essen hatte / vnd die Thiere auff dem felde vnter jm woneten / vnd die Vogel des Himels auff seinen esten sassen / 19Das bistu König / der du so gros vnd mechtig bist / Denn deine macht ist gros / vnd reicht an den Himel / vnd deine gewalt langet bis an der Welt ende.

20DAs aber der König einen heiligen Wechter gesehen hat vom Himel erab faren / vnd sagen / Hawet den Baum vmb / vnd verderbet jn / Doch den Stock mit seinen Wurtzeln lasst in der erden bleiben. Er aber sol in eisern vnd ehernen Ketten / auff dem felde im grase gehen / vnd vnter dem taw des Himels ligen /vnd nas werden / vnd sich mit den Thieren auff dem felde weiden / bis vber jn sieben zeit vmb sind. 21Das ist die deutung / Herr König / vnd solcher Rat des Höhesten gehet vber meinen herrn König. 22Man wird dich von den Leuten verstossen / vnd must bey den Thieren auff dem felde bleiben. Vnd man wird dich gras essen lassen / wie die Ochsen / vnd wirst vnter dem taw des Himels ligen / vnd nas werden /Bis vber dich sieben zeit vmb sind. Auff das du erkennest / das der Höhest gewalt hat / vber der menschen Königreiche / vnd gibt sie wem er wil.

23DAS aber gesagt ist / Man solle dennoch den Stock mit seinen Wurtzelen des Bawmes bleiben lassen. Dein Königreich sol dir bleiben / wenn du erkennet hast die gewalt im Himel. 24Darumb / herr König / Las dir meinen Rat gefallen / vnd mache dich los von deinen Sünden / durch Gerechtigkeit / vnd ledig von deiner Missethat durch Wolthat an den Armen / So wird Er gedult haben mit deinen Sünden.


25DJS alles widerfur dem könige NebucadNezar. 26Denn nach zwelff monden / da der König auff der königlichen Burg zu Babel gieng / 27hub er an vnd sprach / Das ist die grosse Babel / die ich erbawet habe / zum königlichen Hause / durch meine grosse macht / zu ehren meiner Herrligkeit4. 28Ehe der König diese wort ausgeredt hatte / fiel eine stim vom Himel / Dir könig NebucadNezar wird gesagt / Dein Königreich sol dir genomen werden / 29vnd man wird dich von den Leuten verstossen / vnd solt bey den Thieren / so auff dem felde gehen / bleiben / gras wird man dich essen lassen / wie Ochsen / Bis das vber dir / sieben zeit vmb sind / Auff das du erkennest /das der Höhest gewalt hat vber der menschen Königreiche / vnd gibt sie wem er wil. 30Von stund an ward das wort volnbracht5 vber NebucadNezar / Vnd er ward von den Leuten verstossen / vnd er ass gras /wie Ochsen / vnd sein Leib lag vnter dem taw des Himels / vnd ward nas / bis sein Har wuchs / so gros als Adelers feddern / vnd seine Negel / wie Vogels klawen wurden.


31Nach dieser zeit / hub ich nebucadnezar meine augen auff gen Himel / vnd kam wider zur vernunfft /vnd lobete den Höhesten / Jch preiset vnd ehret den /so ewiglich lebet / des gewalt ewig ist / vnd sein Reich fur vnd fur weret / 32Gegen welchem alle so auff Erden wonen / als nichts / zu rechen sind6. Er machts wie er wil / beide mit den krefften im Himel /vnd mit denen / so auff Erden wonen / vnd niemand kan seiner Hand weren / noch zu jm sagen / Was machstu? 33Zur selbigen zeit / kam ich wider zur vernunfft / auch zu meinen königlichen Ehren / zu meiner Herrligkeit / vnd zu meiner gestalt / Vnd meine Rete vnd Gewaltigen suchten mich / vnd ward wider in mein Königreich gesetzt / vnd ich vberkam noch grösser Herrligkeit. 34Darumb lobe ich NebucadNezar /vnd ehre vnd preise den König von Himel / Denn alle sein Thun ist warheit / vnd seine Wege sind recht / Vnd wer stoltz ist / Den kan er demütigen.


1 Dis ist ein brieff des Königes / darin er bekennet / was jm Gott erzelget hat in folgender Historien.

2 Heisst er die Engel / das sie wachen vnd hüten on vnterlas / wider die Teufel. Wie Psal. 91 sagt / Er hat seinen Engeln befolhen vber dir etc. Vnd ist ein seer tröstlich wort allen Menschen / sonderlich den gefangen Jüden zu Babel.

3 Weisheit mus am ersten weggenomen werden / wenn ein Herr fallen sol / Das man sehe / wie allein die weisheit vnd nicht gewalt regiert / Prouer. 29 Cum defecerit Prophetia etc. Daniel sagts nicht gern / vnd ist jm leid vmb seinen Herrn König.

4 Hie vergisset der König / von wem er solch Königreich hat / Erhebt sichs / als hette ers durch seine gewalt vnd witze erlangt Vnd mus es anders lernen.

5 Er wird vieleicht vnsinnig / vnd mit bösen Geistern besessen worden sein.

6 Sihe / welch ein schöner Glaube vnd fein bekentnis.


Quelle:
Martin Luther: Die gantze Heilige Schrifft Deudsch. 2 Bände, München 1972.
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