105. Jost von Mengersen.

[68] Oberhalb Oldendorf bei dem Gute Stau theilte sich vormals die Weser in zwei Arme, welche unter der Stadt sich wieder vereinigten. Dem »Jösteken« gefiel das nicht und er dämmte den einen Arm über Stau ab, wobei, wie Einige erzählen, der Teufel ihm geholfen haben soll. Wegen dieser Abdämmung aber kann er nicht zur Ruhe kommen. Bei neblichtem Wetter geht er Nachts mit einer Laterne am Weserufer auf und ab, begleitet den späten Wanderer und führt ihn irre. Manchmal sieht man ihn auch mit einem Andern sich schlagen, daß die hellen Funken umhersprühen.

Im Stifte zu Fischbeck liegt dieser Jost von Mengersen, genannt »das Jösteken«, in dem Gewölbe unter der Kirche begraben und ist als Mumie noch zu sehen. Er streckt immer den einen Fuß zum Sarge heraus; und wenn der Fuß auch hundertmal hineingelegt wird, immer kommt er wieder hervor.

Die Brücke, welche über den an Oldendorf vorbeifließenden, trocken gelegten Weserarm führte, steht noch, und scherzend hört man oft »die Brücke ohne Wasser« als Wahrzeichen von Oldendorf nennen.

Mündlich.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. LXVIII68.
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