121. St. Gangolfsbrunnen.

[76] Andere Sage.


Auf der Milseburg stand vor sehr langer Zeit ein Schloß, welches einmal von einer Schaar von Kriegern, geführt vom heiligen Gangolf, belagert wurde. Eines Tages litten die Krieger großen Durst, denn es war sehr heiß. Sie suchten deshalb einen Brunnen auf, welcher unter der Milseburg hervorsprudelte; der Bauer aber, der dort wohnte, verlangte, daß sie ihm den Trunk[76] bezahlten. Da schöpfte St. Gangolf seinen Helm voll, zahlte dem Bauern, was er verlangte und ließ die Kriegsleute trinken. Den Rest, der im Helme zurückblieb, nahm er mit, um ihn in einen ausgehöhlten Stein zu gießen. Nachdem er dies gethan, bat er Gott, daß er das Wasser für spätere Noth ihnen erhalten möge. Alsbald sprang ein klarer lebendiger Quell aus dem Steine, während gleichzeitig der Brunnen im Thale zu fließen aufhörte.

Mündlich.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. LXXVI76-LXXVII77.
Lizenz:
Ausgewählte Ausgaben von
Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen
Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen