168. Gespenstige Schweden.

[110] Die Schweden leben an der Kinzig vom 30jährigen Kriege her noch in grauenhaftem Andenken. »Schwed« ist, gleichwie »Kroat«, ein arges Schimpfwort, und man erzählt sich von gespenstigen Schweden und Schwedinnen als von unheilbringenden Wesen und bösen Zauberern.

Eine Frau in Steinau ging einst am hellen Tage, ihren anderthalbjährigen Knaben auf dem Arm tragend, über die Straße und begegnete der gespenstigen Schwedin. Diese griff sogleich nach dem Kinde, zog es an sich und machte es verschwinden. Der jammernden Mutter sagte sie, sie möge nur nach Hause gehen, dort werde sie ihr Kind in seinem Bettchen wiederfinden. Von tödtlicher Angst ergriffen, eilte die Frau nach Hause: aus dem Bette krächzte ihr ein häßlicher Wechselbalg entgegen, ein Knabe mit einem außerordentlich dicken Kopfe. Der Knabe wuchs zwar mit der Zeit, blieb aber stets blödsinnig.

Mündlich; mitg. v.H. Dr. Bernstein in Schlüchtern.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. CX110.
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