191. Der Storch.

[123] Dieser merkwürdige Vogel, welcher schon in der Kinderwelt eine so wichtige und geheimnißvolle Rolle spielt, indem er die neugebornen Kinder aus dem Brunnen (s. Nr. 117) holt, nistet in Niederhessen hin und wieder an der Schwalm, von Rotenburg aufwärts an der Fulda, auch im Kreise Eschwege an der Werra. Man legt ihm ein Wagenrad auf das Dach oder setzt ein Balkengestell auf den Giebel des Hauses, worauf er bequem sein Nest bauen kann. Dafür wirft er jedes Jahr ein Ei aus dem Neste und der Landmann sieht das als ein Zeichen seiner Erkenntlichkeit an. Der Storch bringt Glück und Segen. Ein Haus, auf welchem er nistet, ist gegen den Blitz gesichert, und der Eigenthümer brauchte vormals auch keine Contribution davon zu zahlen.

Mündlich.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. CXXIII123.
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