236. Die Belagerung der Bramburg.

[164] Auf der Bramburg an der Weser, unterhalb Veckerhagen, wohnten die Herren von Stockhausen, welche vormals als arge Schnapphähne und Wegelagerer berüchtigt waren. Dem nahen Kloster Bursfelde nahmen sie die Weinzufuhren weg und den Weserschiffen waren sie besonders gefährlich. Sie hatten eine Kette quer durch den Strom gezogen, welche alle hinauf- und hinabfahrenden Schiffe aufhielt, und, sobald ein Schiff anlief, eine mit einer Linie daran befestigte Signalglocke in Bewegung setzte. Wenn die Glocke[164] ertönte, eilten die Stockhausens mit ihren Knechten zum Ufer, überfielen die Schiffer und nahmen ihnen ihre Waaren ab. Diesem Unwesen zu steuern, hatten die Mündenser, im Bunde mit Nordheim und andern nahen und fernen Städten, ein großes Heer aufgebracht und belagerten die Bramburg so lange, daß dem Herrn von Stockhausen endlich Nichts übrig blieb, als sich zu ergeben. Die Burgfrau allein erlangte freien Abzug mit Allem, was sie in einer Schürze tragen könne. Es war ihr kleines Söhnchen, was sie in der Schürze mitnahm. Der Burgherr hatte noch im letzten Augenblick Mittel gefunden, zu entkommen.

Mündlich.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. CLXIV164-CLXV165.
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