263. Der Fiedler.

[188] Zur Zeit des siebenjährigen Krieges lag einmal am Anhaltsberge bei Liebenau ein französisches Heer, während die Braunschweiger eine Stunde weiter bei Warburg ein Lager bezogen hatten. Nun lebte damals in Liebenau ein Mann unter dem Beinamen »der Fiedler« bekannt, der besuchte oft das französische Lager und verdiente sich einige Groschen mit seiner Fiedel, indem er den Soldaten zum Tanz aufspielte; dabei forschte er insgeheim nach der Stärke des Feindes, seiner Geschütze und der Festigkeit des Lagers. Er hinterbrachte Alles, was er erfahren konnte, dem Braunschweiger, welcher auf seinen Bericht hin einen Sturm auf das französische Lager unternahm, den Feind überraschte, glücklich besiegte und große Beute mit dem Lager eroberte. Der Fiedler wurde so reich belohnt, daß seine jetzt in der Diemellandschaft zerstreuten Nachkommen noch bis auf diesen Tag reiche Leute sind.

Der französische General soll Anhalt geheißen haben, daher der Berg, an welchem das Treffen stattgefunden, den Namen Anhaltsberg erhalten hat.

Mündlich.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. CLXXXVIII188.
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