312. Der Most-Märten in Schmalkalden.

[231] Von einem Bilde auf dem Rathhause zu Schmalkalden, insgemein der »Most-Märten« genannt, erzählt man Folgendes: Ein Reisender habe sich bei stürmischem Wetter verirrt. Auf einem Berge habe er die s.g. große Oster, die größte Glocke auf der Stadtkirche, läuten hören, sei dem Schalle nachgegangen und habe so Schmalkalden gefunden. Im freudigen Gefühl seiner Rettung habe er eine Stiftung gemacht, woraus jährlich auf Martini an alle Beamten, vom höchsten bis zum geringsten, selbst an den Hirten und die Todtenfrau, und in den beiden Knabenschulen, Most ausgetheilt wird. So lange die Austheilung dauert, wird mit der großen Oster geläutet, und die Leute, welche an diesem Tage das Läuten besorgen, erhalten ebenfalls ihren Most.

Häfner und Zilcher, die Herrschaft Schmalkalden, V, 8.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. CCXXXI231.
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