323. Das Eiersingen.

[241] Der Pfarrer zu Kaldern schreibt 1678 an die Regierung zu Marburg, daß, als er vor 37 Jahren seine Stelle angetreten, er erfahren habe, »wie die junge Bursch in der Pfingstnacht auf die Dörffer herumb liffen, umb die Eier zu singen, da dan nicht allein viell gottloses Wesen von ihnen auf dem Wege getrieben würde, sondern auch, wann eine partey von einem andern Dorff der ander begegnete, sie sich oftmals mit einander umb die Eyer schlügen vndt einer dem andern abnehmen vndt zerbrechen. Zu dem auch, wan die Mägdte ihnen des Nachts die Eyer langen müsten, viell vnzüchtiger Händell vorgingen, sonsten vieler bösen Dingen, so ein jeder leicht erdenken vndt hieraus zu erfolgen pflegen – zu geschweigen.« Er habe sie deshalb sowohl durch den Schultheißen, als durch die Kirche strafen lassen, und er wisse nicht, daß es seit 20 Jahren wieder geschehen sei; doch vergangene Pfingsten hätten 16 junge Bursche »dies teuffelswerck wider ihr besser Wissen vndt Gewissen wieder anzufangen sich gelüsten lassen.«

Ob dieser Gebrauch sich etwa noch bis jetzt erhalten hat, vermag ich nicht zu sagen.

Mitg. v. Landau i.d. Zeitschr. etc. II, 279.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. CCXLI241-CCXLII242.
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