331. Pfingstrecht in Dorheim, Nauheim etc.

[250] Am ersten Pfingsttage, Morgens vor Aufgang der Sonne, geht eine unbestimmte Anzahl junger Bursche von Dorheim nach Beyenheim, Bauernheim und Fauerbach, um die s.g. »Pfingstheller« zu erheben. In Beyenheim bekommen sie 2 Albus 2 Heller auf dem Rauischen Hofe, in Bauernheim halb so viel bei den Burgemeistern und in Fauerbach 4 Albus 1 Heller auf dem Schlosse bei den Pferchbeständern.

An eben demselben Morgen, oder auch wohl Abends vorher, kommt eine ebenfalls nicht bestimmte Anzahl junger Bursche von Beyenheim und Bauernheim nach Dorheim und nimmt unter gleicher Benennung 3 Albus 3 Heller bei dem zeitigen Burgemeister daselbst ein.

Von Nauheim reiten zwei Bursche am Pfingstsonntage vor dem Morgengottesdienste nach Ober-und Niedermörlau. In Obermörlau reiten sie zunächst vor des Burgemeisters Haus, sagen: »Wir verlangen das Pfingstrecht!« und empfangen 11 Albus 2 Heller; dann begeben sie sich nach dem Junkernhof daselbst und erhalten nach gleicher Anforderung 4 Albus 6 Heller. In Niedermörlau erheben sie unter demselben Titel bei dem Burgemeister 7 Albus 2 Heller. In beiden Orten dürfen jedoch die Pfingstreiter bei Verlust ihres Rechtes nicht vom Pferde absitzen, obgleich sie jedesmal dazu aufgefordert werden; sie müssen vielmehr nach Empfang der »Pfingstheller« sogleich zurück reiten.

Von Ober- und Niedermörlau kommen eben so viele junge Leute nach Nauheim, fordern unter gleichen Formalitäten[250] denselben Betrag für sich ein und müssen nach Empfang derselben ohne den geringsten Verzug wieder fortreiten.

Han. Mag. 1780, S. 26.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. CCL250-CCLI251.
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