332. Die Pfingstknechte in Wolfhagen.

[251] Seit undenklichen Zeiten haben die Ackerbursche in Wolfhagen, welche sich früher auch Pfingstknechte, Ackerknechte nannten, das Recht von den Pferchhaltern in Viesebeck, Nothfelden, Altenhasungen, Istha, Bründersen, Ippinghausen, Altenstädt und Bühle, auch von den Höfen zu Ellmarshausen und Höhnscheit eine, jährlich am zweiten Pfingsttage fällig werdende Triftabgabe, von jedem Haufen Schaafe theilweise ein halbes Kopfstück, theilweise 4 gGr., zu erheben. Auch ein Grundstück in der Flur von Wolfhagen, das »Knechteland« genannt, hat denselben am zweiten Pfingsttage einen Zins zu geben. An diesem Tage senden die Ackerbursche Einen oder Mehrere aus ihrer Mitte nach jedem der genannten Orte, um die Abgabe einzufordern, was ohne weitere Förmlichkeit geschieht; statt der Quittung aber wird dem Pferchhalter ein Lederstreif, ein rothes Riemchen, überreicht. Für das Geld wird ein Schmauß gehalten, worauf getanzt wird bis zum andern Morgen. Früher hielt dies Fest mehrere Tage an. Am Morgen des dritten Pfingsttages ziehen die Ackerbursche, beritten mit ihren besten Pferden, in den Wald und holen auf einem achtspännigen Wagen die Maibäume, womit das Tanzhaus umstellt wird. Der Eigenthümer des Hauses hat drei Tage lang freie Schenkgerechtigkeit. Der Sage nach sind diese Rechte ein Geschenk des Landgrafen Moriz, welchem die Ackerbursche einmal einen großen Dienst geleistet haben sollen; sicher aber sind sie viel älteren Ursprungs.

Mündlich.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. CCLI251.
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