53. Die Riesenprinzessinnen.

[36] Vor sehr langer Zeit lebte im Reinhardswalde ein mächtiger König, der hatte drei Riesinnen zu Töchtern, wovon die eine Saba, die andere Trenda und die dritte Bramba hieß1. Der Vater[36] baute einer jeden ein Schloß, für Saba die Sababurg, für Trenda die Trendenburg (jetzt Trendelburg), und für Bramba die Bramburg; da wohnten sie und pflegten sich die Tage zu verkürzen, indem sie durch Sprachröhre von ihren Schlössern aus mit einander plauderten. Lange nachher zeigte man noch zu Sababurg das große Bette der Saba, ihre Betstube, den Brunnen und den Becher, woraus sie getrunken haben soll. Ihre Rippen, die man später wieder fand, kamen (nach Winkelmann) in die fürstliche Kunstkammer zu Cassel, wo sie als Merkwürdigkeit aufbewahrt wurden. Das Holz an der Bettspanne war fast ganz zerschnitzt. Jeder Besucher nahm sich einen Spahn zum Zahnstecher davon mit, denn man glaubte, daß durch bloße Berührung eines kranken Zahnes mit dem Holze augenblicklich die Schmerzen vergingen.

Mündlich.

1

Seitdem man auf die Sage aufmerksam geworden ist, hat man noch andere Namen dazu erfunden: eine Giesela (zu Gieselwerder), eine Lippola (zu Lippoldsberg), nun ist auch gar noch eine Desa (vom Desenberg), die mir übrigens ganz neu ist, hinzugekommen. Immer aber werden nur drei, und darunter stets die Saba genannt. Wer den Saba-, Trenda- und Bramba-Sagen von wissenschaftlichem Standpunkte aus Beachtung schenkt, wird den ganzen Sagen-Ciclus des Reinhardswaldes vornehmen müssen, insbesondere aber, außer den folgenden Nummern 54 bis 59, die Nr. 209 (an die blinde Bramba, Nr. 57, erinnernd) Nr. 251 und 252 (mit der bösen Trenda, Nr. 56, zusammenhängend) und Nr. 211 und 212. Es erscheinen hier viele Sagen gleichsam in einander geflossen.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. XXXVI36-XXXVII37.
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