356. Der Riesenstein bei Züschen.

[263] In dem Städtchen Naumburg, an der waldeckschen Grenze, bauten die Einwohner zum Lobe Gottes und zum Heil ihrer Seelen eine Kirche, denn es war bis dahin an dem Orte noch keine vorhanden gewesen. Auf einem Berge über Züschen saß aber der Teufel und sah ergrimmt das fromme Werk von Tag zu Tag wachsen. Endlich konnte er seiner Wuth nicht mehr Grenzen setzen; er erfaßte einen ungeheuern Felsblock und wollte ihn nach Naumburg hinschleudern; allein er blieb ihm im Aermel hängen und fiel zwischen Züschen und Altendorf in das Feld nieder. Da ging der Böse hin, setzte sich auf den Stein und weinte blutige Thränen vor Zorn über den mißglückten Wurf. Der Felsblock liegt noch dort und ist unter dem Namen Riesenstein bekannt. Man sieht noch, wo der Teufel gesessen hat; auch zeigt man drei rothe Flecke daran, welche von den blutigen Thränen herrühren sollen.

Mündlich.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. CCLXIII263.
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