1. Kunst und Natur

[833] Heute dein einsames Tal durchstreifend o trautestes Kloster,

Fand ich im Walde zunächst jenen verödeten Grund,

Dem du die mächtigen Quader verdankst und was dir zum Schmucke

Deines gegliederten Turms alles der Meister verliehn.

Ganz ein Gebild des fühlenden Geistes verleugnest du dennoch

Nimmer den Mutterschoß drüben am felsigen Hang.

Spielend ahmst du den schlanken Kristall und die rankende Pflanze

Nach und so manches Getier, das in den Klüften sich birgt.


Fußnoten

1 Zisterzienser-Abtei mit einem Weiler, eine Stunde von Tübingen, gegenwärtig Sitz eines Forstamts. Das ehmalige Gasthaus des Klosters, wo der Verfasser einige Wochen zubrachte, ist das Geburtshaus des Naturforschers C.F.v. Kielmeyer, Eigentum und Sommeraufenthalt der Familie desselben.


Quelle:
Eduard Mörike: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 1, München 1967, S. 833.
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