Verborgenheit

[743] Laß, o Welt, o laß mich sein!

Locket nicht mit Liebesgaben,

Laßt dies Herz alleine haben

Seine Wonne, seine Pein!


Was ich traure weiß ich nicht,

Es ist unbekanntes Wehe;

Immerdar durch Tränen sehe

Ich der Sonne liebes Licht.


Oft bin ich mir kaum bewußt,

Und die helle Freude zücket[743]

Durch die Schwere, so mich drücket

Wonniglich in meiner Brust.


Laß, o Welt, o laß mich sein!

Locket nicht mit Liebesgaben,

Laßt dies Herz alleine haben

Seine Wonne, seine Pein!


Quelle:
Eduard Mörike: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 1, München 1967, S. 743-744.
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