94. Die Moskowiter in Bordesholm.

[85] (1700.)


Die Kirche in Bordesholm hieß vor Zeiten nur die reiche. Sie bewahrte an einem geheimen Orte so viele Reichtümer, daß man noch eine solche Kirche dafür hätte bauen können. Als nun die Moskowiter ins Land kamen, hörten sie von den Schätzen und durchstöberten alle Ecken, Winkel und Kammern, aber ihr Bemühen, den Schatz zu finden, war vergeblich. Unmutig und verdrossen zogen sie endlich ab, doch ihre Gedanken blieben noch bei der Kirche. Als sie nach dem Dorf Eiderstede kamen, sahen sie noch einmal nach Bordesholm zurück, und einer der Räuber entdeckte jetzt durch ein Fernrohr das kleine Fenster, das noch an der östlichen Seite der Kirche zu sehen ist. Das hatten sie früher nicht bemerkt und das Verlangen nach dem Schatze brachte sie auf den Gedanken, noch einmal nachzusuchen. Zum Schrecken der Bordesholmer, die sich schon sicher geglaubt hatten, kehrten sie also zurück und fanden diesmal, was sie suchten. Seit der Zeit heißt die Kirche nicht mehr die reiche.


Durch Herrn Schullehrer Rathjen in Fiefharrie. – Man erinnert sich der Moskowiter oder Polacken noch überall, und unterscheidet sie durch diese Namen von den Russen von 1813.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 85.
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