11. Nachruf der Freunde

[11] An Theone.


Im schnellen Flug der Horen

Schwand deiner Nähe Glück,

Was wir in dir verloren,

Bringt uns kein Wunsch zurück.


Wie hofften wir im Lenze

Des Bundes uns zu freun,

Und heitre Blumenkränze

Auf deinen Pfad zu streun!


Doch wie des Traums Entzücken

Beym Strahl des Morgens flieht,

Entschwebst du unsern Blicken,

Da kaum der Frühling glüht.


Dir blüht, wo du auch weilest,

Rings um dich Zauberflur;

Uns wird, da du enteilest,

Entzaubert die Natur.
[11]

Zur Treue still verbunden

Bleibt unser Kreis umschwebt,

Vom Schatten sel'ger Stunden

Die einst dein Hauch belebt.


Oft wird im trunknen Wähnen,

Wann Trennungstage flieh'n,

Der Geist in leisen Tönen

Zu dir hinüber zieh'n.


Oft wird am Wasserfalle,

Den du so gern besucht,

Im spiegelnden Crystalle

Von uns dein Bild gesucht.


Wo Buchen sanft umdüstern

Der Felsen Wände Moos,

Entsteigt dann unter Flüstern

Dein Nahm' der Wellen Schooß!

Quelle:
Friedrich Müller (Maler Müller): Gedichte. Jena 1873, S. 11-12.
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