|
[8] Ach sie singet, die brünstige Finke,
Breitet den zarten Flügel übers vollendete Nestchen,
Zwitschert, und schlummert zum erstenmal wonniglich ein.
Und du, mein Freund, ferne! ferne!
Schüttle den Thau, wehender Nachthauch! ich schaure!
Schüttl', ach schüttl' ihn mir,
Das ich senke diese reisende
Dem Herzen entquellende Zähre
Auf der Viole ... Hat ers gehört?
O des Zärtlichen! er hats gehört!
Murmelt und schüttelt – – Meine Thräne
Gleitet sachte die Wang' herab!
Ach kein Mädchen! kein Freund!
Kein Zärtliches, Zärtlicher ach!
Der ich sie breche,
Dem ich sie gebe,
Diese dir thränenbethaute Viole!
[8]
Und so muß sie einsam welken,
So geschmückt mit meiner Wehmut
Sterben, unbetrauret, ungeliebet, ach!
Mag sie doch – sinken, liegen, im Winde verstieben!
Meine Wehmut mit ihr!
Bist du doch glücklich, Geliebter!
Geliebt am Herzen derer, die meine Seele liebt!
Ha! dieß wilde, pochende,
Dieß unaufhaltsamfliegende,
Dieß ängstlichtragende, mitfühlende Herz!
Das, unglückselig ewig,
Barbarisch immer aufnimmt und trägt!
Wie's drängt! wie's tobt! dir vorwärts nacheilt,
Und mich peinigt und quält,
Und meine Sinnen zerrüttet,
Und mir die Nerven zerreißt!
Wachst zu Einem Freund', ihr Freunde!
Ach Seligkeit des Himmels
Träufelt nieder dem,
Der des Geliebten Busen umschlingt!
O ich weine, da du, Trunkner,
Da du, Seliger,
An Leopold Stolbergs Busen dich knüpfst!
Genieße! und gedenke meiner!
Ha! gedenke meiner, wenn du thränenschauernd
Unter der Liebe Fülle versinkst,
Und du am Herzen liegest dem –
O wie soll ich ihn nennen![9]
Vater! Freund! Vater!
Klopstock! Klopstock! Ihm!
Wenn du an ihm hängst,
Und herzerdrückend und malmend
Ueber dir die Wonne liegt,
O dann reisse dich auf, athm' und schaure,
Und gedenke deines Einsamen hier;
Und, indem du noch einmal
Die geliebte Stirn drückst,
Gedenke deines Einsamen hier,
Und wehmüthig und leise so:
Der, der jetzt noch um mich klaget
Schmachtend den Frühling verseufzt,
O des einsamen Jünglings!
Er liebt dich ewig, wie ich!
Buchempfehlung
Am Hofe des kaiserlichen Brüder Caracalla und Geta dient der angesehene Jurist Papinian als Reichshofmeister. Im Streit um die Macht tötet ein Bruder den anderen und verlangt von Papinian die Rechtfertigung seines Mordes, doch dieser beugt weder das Recht noch sich selbst und stirbt schließlich den Märtyrertod.
110 Seiten, 6.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro