C** M*** entsagt der Pharmacie

[29] und


reist über Regensburg nach Landshut


auf die Universität.


Georgi kam, i reiste ab

Geziert mit dem Atteste;

Aufrichtig g'standen war's g'rad net –

So was man sagt, das Beste.

»Herr C** M*** hat bei mir

Ein Jahr im Dienst gestanden.

Der Kopf wär gut, die Aufführung

So schlecht wir sie je fanden.[29]

Wir können daher nicht umhin,

Die werthen Herr'n Collegen

Zu warnen, daß sie sich vor ihm

In Obacht nehmen mögen.«

I hob's net g'wußt, daß's also laut't,

I hob den Wisch net gelesen;

Erst z'Regensburg bei mein Onk'l ist's

A Haupt-Komödi g'wesen. –

Dem hob i 's Zeugniß präsentirt,

Er möcht ma etwas schenken:

Fangt der glei on: »Hau, Haupt-Halunk!

An Galgn soll ma di henken.«

»Bitt sehr, nimm's für empfangen on,

I kann net lang verweilen;

Der Postwag'n geht um zehni schon,

I muß a bißerl eilen.«

Nun eilt ich der Kalesche zu

Und fand, o welch Entzücken!

Ein wunderlieblich's Mädchen drin

Mit freundlich sanften Blicken,

Der Onkel und der Prinzipal –

Attest und alle Torten

War'n wie im Hui mit einem mal –

Wie weggezaubert worden.[30]

I rieb mir d'Händ – i huft a wen'g

I b'sinn mi hin und herum

Hau! woast denn gar nix z'disc'rirn

Und bist denn gor so saudumm?

I nimm mi endlich doch non z'samm:

»Nach Landshut auch, ja, Fräulein?« –

»Verzeihen Sie, nach München muß

Ich mit dem Postwagn eilen.«

»Nach München hin? Verwandte dort?

Vielleicht wohl noch was mehrer's,

So schön, – so jung, noch frei Ihr Herz?!

Ach, zu verwundern war es!!«

Schmecks Kropfeter! hat's Madl denkt –

Mußt alles innet werden

Und lenkt die Unterhaltung jetzt

Auf Opern und Conzerten.

»Ach Fräulein! Sängerinnen sind

Doch meistens feile Dirnen

Und gleichen, wenn ich's sagen darf,

Den abgefall'nen Birnen.

Früh sind sie reif und schön wie Wachs

Mit lockend schönem Blicke,

Doch in dem Herzen haust der Wurm:

Coquetterie, Intrique!«[31]

Oh! rief her Schwager jetzt und spricht,

Daß hier zu füttern wäre;

Der Postmeister tritt hin zum Schlag

Mit wem hab' ich die Ehre?«

»Demoisell Canti, Sängerin

Am Isarthor-Theater.«

Da trieb's mir freilich ziemlich stark

Das Blut in jede Ader.

Bald hab' die Folgen i verspürt,

Besonders bei dem Essen:

So gleichgültig als i ihr war,

Is gar nit zum Ermessen,

Itz bin i wild wor'n sammt mein G'red

Und hob mir denkt: laß's laufen;

Wenn's Schnapperl keinen Spaß versteht,

Muß ma's net theuer kaufen.

I setz mi zu den alten Herrn,

Hat auch a Maul zum Schwätzen,

Nach' kann si d'Fräula Didlumdei

Beim Kutscher drauh' ergötzen.

»Sie reisen wohl ad Studia?«

»Ganz recht mein Herr, Ihr Diener!«

»Jurisprudenz? Cameralift?«

»Verzeihen, Mediciner!«[32]

»Dem Menschen Heil zu bringen, das

Ist Trost für Weib und Kinder,

Landrichter, so wie Rentbeamt'

Sind lauter Bauernschinder!«

Still war der Mann auf einmal jetzt

Und finster seine Miene –

Ich fand die Ursach' nicht davon,

So sehr ich mich besinne.

Jetzt tritt der Thor-Verweser hin:

»Wer sind die Herr'n und Damen?«

»Demoisell Canti, Sängerin.«

»Landrichter Sp**n mit Namen.«

»Wie heißt der Herr im Ecke dort?

Wohin sind Sie beschieden?«

»Carolus M*** aus der Pfalz,

Jetzt laß' Er mich mit Frieden!«

Ausstieg man nun und kalt wie Eis

Begann man sich zu trennen:

Mißmuthig war ich durch und durch

Ob der gehabten Scenen.

Das Mädchen, das mir nichts gethan,

So derb zu insultiren! –

Den Landrichter, den braven Mann,

So gräßlich zu tuchiren!! –[33]

Noch war ich zornig über mich,

Der Leb'nsart schwächsten Schüler,

Da hör ich: »Teufel und die Höll'

Is das nicht C** M***?«

Ein Schwarm Studenten nähert sich

Mit Mappen untern Armen

Und schleppten mich auf's Kaffeehaus

Ohn' Gnad' und ohn' Erbarmen:

Herr Bruder da – Herr Bruder dort –

Ich mitten im Gedränge,

Und Schmollis1 jetzt in einem fort

Und Doktors2 nach der Menge.

Bald war'n der Doktors mir zu viel,

Konnt's länger nimmer treiben:

Mußt' ein'ge auf des Schw**s Gang

In Hof hinunter speiben.

Kaum drin, kommt ein verschmitztes G'sicht,

Wie's Teniers uns malte:[34]

»Schmollis fiduz!« Bursch Sommerbrand

Aus Neunburg hint' vorm Walde;

Und greift nach mein'm Tabakspaquet

Und stopft sich ungeheuer.

»Bleib stets mein Freund!« ruf' ich ihm zu:

Dein' Freuudschaft ist mir theuer

»Wer spielt a Parthie Billiard?«

Ruft jetzt der Bursch aus Kräften,

Sich nicht entblödend, g'rad auf mich

Den Fragesblick zu heften.

Ich hatte 2 Car'lin bei mir

In lauter Württemberger

Und über diese Geldessort'

Scholl lang geheimen Aerger.

In d' Sechser, denn umsonst ist nichts,

Da müßt i mich bedanken;

Ich spiel die sieb'nt, die acht' Parthie:

Die Württemberger wanken. –

Die nennt', die zehnt', die achtzehnte,

Kein Kriegsglück will sich rühren,

Schon sah die Württemberger man

Zu Dutzend desertiren.

Und eh' man Abends 6 Uhr war

Zur End-Parthie gekommen[35]

So hatte dieses feige Volk

Complet die Flucht genommen.

D'rauf tritt er fragend hin zu mir

Am Tisch im Nebenstübel:

»Nun Bruder-Herz! wie g'fällt's dir hier?

Muß's sag'n, es is net übel!«

Und stopft die Pfeife wiederum

Mit weidlichem Ergötzen:

»Ich gib dir's Privilegium3,

Daß d'siehst, daß wir dich schätzen.«

So ward ich endlich eingeführt

In's burschikose Leben;

Hatt' gute Freunde ohne Zahl,

Mir zärtlichst all' ergeben.

Nur mußt' des andern Tags per se,

Um mich zu restauriren,[36]

Die Uhr, 2 Hos'n und 3 Schillees

In's Leihhaus hin spazieren.

Der Martinsthurm ist groß genug,

Um auf die Uhr zu sehen,

Im Sommer aber d'Hitz zu groß,

Um in Schillee zu gehen.

Geld aber brauch ich wiederum,

Hab' Vieles zu bestreiten!

Sei's auch, ein Privilegium

Noch einmal zu erbeuten.

Der Rauchtabak war gestern schon

In Anspruch ganz genommen

Und durfte ohne solchen wohl

Ein Fuchs zur Kneipe kommen?! –

Es war die abgesandte Uhr,

Worauf er kreditiret,

Aus gut polirtem Tomback nur

Recht sauber konstruiret.

Und was die Hosen anbelangt,

So steht erst noch zu wissen:

Zehn Katzen hätt'n kein' Maus drin g'fangt,

So elend war'n 's zerrissen.

Doch hat ich mit gewandter Hand

Ehvor sie noch geflicket,[37]

Daß nicht Herr Vetter4 alsobald

Den Uebelstand erblicket.

Bald kam der Bote auch zurück,

O Wunder über Wunder!

Bringt baare fünfzehn Gulden mit

Für diesen schlechten Plunder.

Ich konnte mich vor Freude kaum,

Vor Ueberraschung fassen:

»Herr Vetter! Sämmtliches sei

Auf ewig dir belassen;

Doch muß bei der Versteigerung

Ich nicht zu sein vergessen,

Wenn Fragliches zur Sprache kommt,

Dein lang' Gesicht zu messen.«

So eingeleitet ging es fort

So viel ich mich entsinne.

Ich nahm an tiefer Weisheit zu

In rebus medicinae:

Besonders quoad prognosin

Zum Tode oder Leben[38]

Kannt' ich mich aus, will als Beweis

Nur ein Exempel geben:

Ein Hofrath, Herr gib ihm die Ruh!

In Sprach und Vortrag prächtig,

Der hustete schon lange Zeit

Und das war mir verdächtig.

D'rum hielt ich mit dem Honorar

Ein Bischen noch zurücke,

Bis, was vielleicht doch möglich war,

Der Kunst die Heilung glücke.

Der Hofrath starb, die Wissenschaft

Litt viel durch sein Erblassen,

Doch war zugleich das Honorar

Auf immer mir erlassen.

So trifft ein Unglück selten ein,

Es hat zugleich was Gutes,

D'rum konnt ich immer lustig sein

Und heitern, frohen Muthes.

Wo immer eine Punsch-Parthie,

Ein Nachtlichtel5 beschlossen,[39]

Tarokt, gefärbelt und gezwickt,

Da war ich unverdrossen.

Als doppelter Stipendiat

Konnt' man ja was spendiren,

Im Zwicken, Färbeln, Häufelspiel6

Sein Glück manchmal probiren.

Ich brauchte ja nicht baares Geld

In meiner Tasch' zu führen,

Es mußte die Stipendienschein'

Ein Jeder respektiren. –

Bei'm Häufeln war's, wo mit Papier

Wir viel Geschäfte machten,

Und ward die Geis am Hofberg7 ob'n

Als Börse zu betrachten.

»Auf dieses Häufl 'n Januar,

Auf's letzt' den Februari!«

Denn mein' Papier' war'n dort gesucht,

Sie standen stets al pari.

Da wurde nicht: Wie steht der Curs?

Ein' Weil' herumgestritten,[40]

Der Eine zahlt' den Andern mit,

Der And're einen Dritten.

Und wenn die Rothschilds manchmal

Abscheulich 'runter sanken,

So war bei M***schen Papier'n

Vom Sinken kein Gedanken.

Zur Ferienzeit ward immerhin

Nach München 'nauf spazieret,

Wo jeder sich auf einige Zeit

Gar köstlich divertiret.

Manch' Abenteuer ward alldort

Erlebt – das kann nicht fehlen,

Statt Allem, will ich nur ein Paar

Geschichtchen Euch erzählen.

Von jeher hatt' den Fehler ich,

Was Viel' bezeugen könnten,

Nicht Zeit und Geld auf Putz und Pracht –

So nutzlos zu verwenden.

Am heiligen Pfingst-Sonntag war's

Ein Wetter, recht zum Nennen,

Und warm – man hätt', auf meine Ehr',

Im Hemmal laufen können.

I leg mein Nanquin-Hösel on,

Beim Teufel, wer kann's wissen,[41]

Daß seit drei Jahr das Höserl schon

Is zwisch'n Beinen z'rissen.

Mein Frack dazu – das Tuch war fein –

A weiß piquet'ne Weste –

Schau noch dazu in Spiegel nein –

Und denk' ma: So is Beste.

Sag' zu mir selbst: »Bist dockerlnett« –

Und mehr so schöne Sachen;

A junger, saubrer, hübscher Mensch

Kann schnell sein Glück oft machen.

Geh' über'n Viktualien-Markt

Des Frühstücks mich zu freuen;

Auf einmal hör' ich hinter mir:

»B'st, habt si's g'hört, Herr!« schreien;

's Schnupftuch verliert's, gebt's Obacht drauf,

Sonst könnt's gar leicht d'rum kämma,

Und hebt's am Markt da Jemand auf,

Noch' kriegt si's sicher nimma.«

»Schön Dank! schön Dank!« Greif' hintri glei

Und kann ma's fast net denka,

Da find' i 's Hemmat fast an Ell'n

Zur Hosen außi heuka.

Ui Saprament, is dös a Kreuz,

Wie's wenige erstanden,[42]

Mein herrlicher Erob'rungs-Plan

Is ganz und gar zu Schanden.

Mußt' wieder heim – und so viel Zeit

Mit dera G'schicht verlieren –

Und mit der Werktag-Hosen mich

An solchem Festtag zieren.

Am nämlich'n Tag, 's is oft schon so

's Unglück an gewissen Tagen,

Wo alles Pechiöse Du

Mußt mit Geduld ertragen.

Im Landschaftsgaßl steht, bekannt,

Auf königliche Kosten

Vor' ein Gebäud', die Landschaft g'nannt,

Das ganze Jahr a Posten;

Nun war denn mir gar wohl bekannt,

Daß 's Rauchen auf der Gassen

In München, wenn's di attrapir'n,

So ungestraft net lassen;

Demohngeachtet hob i z' Nachts

Des Ding net lassen könna,

Und laß durch's Landschaftsgaßl durch

Mein Ciggaro schön brenna.

»Auf 6 bis 10 Schritt merkt er's net,

Noch ziegst Du's aus der Goschen –«[43]

Allein der Posten hat schon lang

Mein Ciggaro sehn gloschen.

»Was rauchen Sie? Wissen Sie nicht

Die Sache, die bekannte,

Daß 's Rauchen hier verboten is?

Sie sind mein Arrestante!!«

Dagegen wollt' ich excipir'n

Und wollte ihm beschreiben,

Wie daß ich keine Lust verspür',

Im Schilderhaus zu bleiben.

Allein, der packt mich sanft beim Arm –

Nach einer kurzen Pause

Und schiebt mich – ach, daß Gott erbarm'

In seine enge Klause.

Hier, dacht' ich, mußt mit Energie

Und resolut verfahren,

Sollt' nicht dein Liebchen gar umsonst

Auf ihren Treuen harren.

Schnell' schieb' den Posten ich zur Seit,

Und fang' nun an zu rennen

Geg'n Dienersgasse hingewandt,

Was i nur rennen können.

»Kotz Sakrament«, schreit der itz nach,

Wart Kerl! Soll i schießen?[44]

›No net!‹ ruf' i, nur g'wart' a wen'g,

Wird net so schnell sein müssen.«

Erst, als i um's sel Eck herum,

Wo's Zett'l oni heften,

Da schrei i: »Itz«, grod wos i kon –

Ans allen Leibeskräften.

Hat Alles g'lacht aus vollem Hals,

Was grad den Weg passiret;

Der Posten hat an Zorn g'habt ja!

Daß er war bald krepiret. –

I komm zum Schätzerl – »Herzenskind,

Mußt noch a Bißerl warten;

Nur no ein' kleine halbe Stund'«

Sagt die – »dort hint' beim Garten.

Mein Herrschaft geht in d' Harmonie,

Dann sind wir ganz alleine.«

Husch war sie wie der Wind hinweg,

Die allerliebste Kleine.

Lang war mir d' Zeit, stockfinster war's,

Was sollt' ich Langweil geigen,

Will lieber – kann ich sitzen doch –

Hier in die Chaisen steigen.

Gedacht, gethan; ich bin vielleicht

Ein Stündchen drin gewesen,[45]

Auf einmal steigt – kotz Million! –

Noch Jemand in die Chaisen

Und drängt sich in das linke Eck

Und will der Ruh' genießen.

Auf einmal hör' mein'n Nachbarn ich

So ganz vernehmlich niesen;

»Zum Wohlsein! rief mechanisch ich

Bald meiner Dummheit fluchend;

Schön Dank!« ruft er, »wer ist denn da?

Was hat man hier zu suchen?

Was schwere Noth, wer fragt mich hier?

Fang i jetzt an zu schelten;

Wir werden, glaub' i, ziemlich eins

In diesem Kasten gelten

Und können ruhig, denk' i, uns

Vertragen ohne Fluchen;

Bezeichnen Sie mir schnell den Stock,

In welchem sie was suchen.«

»Mein Mädchen wohnt im dritten Stock,

Elisabeth mit Namen!«

»Ah so! ist es um diese Zeit,

Dann bleib'n wir hübsch beisammen.

Die meine wohnt im zweiten Stock,

Sie kennen Philipinen![46]

Es freut mich, Ihr' Bekanntschaft hier

So artig zu gewinnen!«

Wir sprachen dies, wir sprachen das,

Und endlich kam die seine;

Nicht lange saß ich noch allein,

Da holte mich die meine.

Ihr seht, daß in der Hauptstadt sich

Manch' Schwank hat arraviret;

Noch mancher würde Euch zur Lust

Hier zu Papier citiret.

Allein, jetzt muß ich wiederum

Zur hohen Schule kommen.

Damit Ihr hört, welch' tragisch End'

Mein Studium genommen.

Sieb'n volle Jahre war ich schon

In Landshut situiret,

Da kam ein Brief; »Mein theurer Sohn!

Wann wird denn absolviret? –

Zu meiner Zeit in Ingolstadt

Ward man mit drei Jahr'n fertig;

Ich glaub', die selbig Ordnung herrscht

Auch itz noch gegenwärtig.«

Die and're Post schreib' i sogleich,

Um meinen alten Herrn[47]

In Eile quoad absolvir'n

Ein Bischen aufzuklären:

»In Rückantwort auf Dero Brief

(I hab' den Dr*ck verloren)

Bitt ich Sie sehr, mit Ingolstadt

Da lassen's mi ungeschoren.

Ja! fertig, fertig bin i wohl,

Das kann ich garantiren,

Doch leider nur mit meinem Geld

Und nicht mit dem Studiren;

Und überhaupt bedenken Sie,

Das muß ich Sie noch bitten;

Daß seit der Zeit die Wissenschaft

Ein Bischen vorgeschritten.

Was Wissenschaft man dort genennt,

(Das darf i wohl gestehen)

Hab' ich im ersten Jahr schon könnt,

Hab' kein'n Professor g'sehen.« –

Die Antwort war: »Mein theurer Sohn!

Hier 's Geld zum Rigorosum;

Dein ganzes liebes Studium

Ist mir ein Odiosum.

Zum Letztenmal, das sag' ich Dir!

Mach' nicht die Sach' noch schlimmer;[48]

Mach's Rigorosum – absolvir!

Sonst sehen wir uns nimmer.«


I ging nach München mit dem Geld;

Mein' Bildung da vollenden –

Könnt' ma die Summe besser wohl,

Zu edler'm Zweck verwenden?


Zweimal sandt' er zum Absolvir'n

Die Summe mir zu Handen,

Bis einige gute Freund' von mir

Viel räthlicher es fanden,

Das Geld in Gottes Namen halt

Noch einmal zu verwenden,

Und ohne Weiter's graden Weg's

An's Rektorat zu senden.


Da war's nun aus – war's dort einmal,

War's nimmer zu bekommen; –

D'rum hab' ich Anno fünfundzwanzig

Den Gradum auch genommen:


Dank sei mein'n Vater öffentlich

Sammt seinen guten Freunden,

Die, dreimal über's Eis geführt,

Es dennoch redlich meinten.[49]

Mit dem Diplom8 wollt's übrigens

So gar sehr nicht pressiren;

Der H**l-Bräu, der D***mary,

Die wollten's erst kopiren;

Der B***l*m*r, Schuster B*th

Die wollten's auch probiren;

Der A**r Kaufmann wollt' sich's gar

In Sammt einbinden lassen;

Der Möbelhändler Sch***fer

'Ließ's in ein'n Rahm einfassen.

Itz bis die guten Freund' von mir

Haben's alle abkopiret –

Natürlich ganz lateinisch is,

Da sind's net exerciret:

So ging's doch fast 12 Monat' her,

Bis ich durch meines Alten

Bewährten Einfluß konnt' einmal

Die Urkunde erhalten. –

So ging es mir so sehr fatal,

Doch glücklich ist's vorüber;

Der Mantel der Vergessenheit

Sei jetzt und allzeit d'rüber.[50]

Ein Wunsch nur sei mir hier gewährt,

Daß ihn die Götter gönnten,

Er heißt: »Ach! dürft' ich einmal noch

Die schöne Bahn vollenden

1

Mit dem Worte »Schmollis« begrüßt der Bursche (mehrjähriger) Studio den (erstjährigen) Fuchsen und erlaubt selbem, indem er mit ihm anstößt und ihm den Brüderlich gibt, hinfüro das ceremonielle Sie in das vertrautere Du umzuwandeln.

2

Mit dem Worte »Doktor! Fuchs!« befiehlt der Bursche dem Fuchsen zu trinken, was dieser ohne Weigerung zu vollziehen hat.

3

Einem Fuchsen das Privilegium geben, heißt ihr dir Erlaubniß ertheilen, dem Burschen das Wort »gelehrt« zuzurufen, worauf letzterer das Glas zu ergreifen und ihm Bescheid zu thun die Obliegenheit hat. Ohne Privilegium ist dieses keine Fuchsen erlaubt, und der Bursche ehrt mit der Ertheilung desselben einen Fuchsen, den er für brav erkannt und liebt.

4

Herr Vetter ist der Name des Leihhaus-Verwalters in der akademischen Kunstsprache, wahrscheinlich weil gewissermaßen jeder seine Gefälligkeit und Beistandsleistung in drangvollen kritischen Zeiten als Wirkung eines mehr oder minder entfernten Verwandtschafts-Verhältnisses ansieht.

5

Nachtlichteln heißt nach der Polizeistunde auf irgend einem Zimmer eines Kameraden noch einige Stunden beim Punsch oder Bier, das man aus der Kneipe mitschleppt, traulich zu verplaudern.

6

Verderbliche Hazardspiele, die den Geist und den Körper zerrütten.

7

Der Sammelplatz der Spieler aller Art, Studenten-Kaffeekneipe.

8

Die Diplome und Absolutorien werden häufig mit Arrest belegt von Bräuern, Kostgebern, Miethsleuten, Trödlern etc. bis sie ihre Bezahlung erhalten.

Quelle:
D. C. Müller: Gedichte, Aufsätze und Lieder im Geiste Marc. Sturms. Rorschach 1853, S. 29-51.
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