Der Schein trügt, oder Doktor S**.

[83] Es is a raunzi's Dokterl hier,

A Mandl net gor z'groß,

Wir komma öfter z'am beim Bier,

Do is der Teufel los.

Dös Dokterl hot a g'waltis Maul

Und schimpft als wie a Spatz,

Und i natürli a net faul,

I b'haupt halt a mein Satz.


Den kennt's ös net, wi i 'n kenn,

Mi reut sein' armi Seel.

Wenn's je 'n Teufel gibt und wenn

A Feuer in der Höll',

So holt er den früh oder spot.

Und das zu mein Vergnüg'n.

I wett, ma findt'n a mal todt

Beim Menscherl drinna liegn.[84]

Der sauft und hurt und spielt und flucht,

Doch alles in der Still,

A Sau, die seines Gleichen sucht,

Doch wissen thun's nöt viel.

Do stellt si 's Luder untern Leut'n

So heili und so fromm,

Er laufat enk mit tausend Freud'n

Ganz baarfus bis auf Rom.

I bin a Lump, dös läugn' i net,

Es war a für nix gut;

Die ganze Universität,

Die kennt mein saubres Blut,

Doch aber, wenn i's läugna wollt',

Und müßt mein Tugad lüg'n,

Eh därfats ma mit gutem Gold

Mein Hintern überzieg'n.

All dem is recht a Pfaff verdorb'n,

Der hätt' die recht' Manier,

Der hot si Fertikeit erworb'n,

Es gleicht ihm koana hier.

Er is in Stand, mit oana Hand

Do predigt er Moral,

Die ander is im Unterrock

Bei seiner Dirn im Stall.[85]

Pfui Teufel, wenn mi 's Fleischl beißt,

Wos brauch i mi z'schenirn,

Im Finstern wie an böser Geist

Mein'n Lebenswand'l z'führn.

Glaubst denn du Dokterl, rein wie Gold,

Man glaubt dir auf dein Wort?

Der Teufel hot 'n Faustus g'holt,

Kommst a schon an sein Ort.

Beim H ** bräu in selb'm Stübel drin

Hob i 's gor oft bemerkt,

A Griff an's Nannerls Firta hin

Hot ihn schon mächti g'stärkt.

Und hot si 's Deandl mit an Bier

Beim Tisch hinüber g'lehnt,

So hot er oft ganz verstohlns

A Bußl afi brennt.

Hot er a Patientin drein,

So macht er's gar schön schlauch:

Er greift gleich unter d' Decken 'nein

Und fragt: Wie is der Bauch?

Und visitirt's, ob's Hitzen hot,

Und 's Stechen auf der Brust,

Und druckt den Madeln 's Herzl her,

Dös is enk grod a Lust.[86]

Drum hob'n si 'n ober all' recht gern

Und san voll Lieb und Dank;

A manigs wird aus lauter Lieb

Af oanmol wieder krank.

Und daß 's sechts, wie sich ihr Herz

Vor lauter Lieb' entzückt,

So wißt's: Sie hob'n ihm heuer all

Neujahrs- Billeter g'schickt.

Den Neid, den dieses Dokterl hot,

Den konn i enk net sog'n;

An guten Freund dem gab er nix,

Eh' ließ er sich derschlog'n;

Do schiebt er's in sein Taschen 'nein

Und geht verstohlns mit aus

Vor's Lendthor, 'naus auf d'Isarbrück

Und fieselt's langsam 'raus.

Ma ficht 'n in koan Wirthshaus spiel'n,

Do hobts ös frei recht;

Doch spielt er af sein Zimmer z'Haus

Als wie a Metzgersknecht.

Und wenn a so a Spielpartie

Ob'n af sein Zimmer hockt,

So denkt ma an koan Hoamgeh'n mehr,

Die ganz' Nacht wird tarokt.[87]

Kurzum, dös Dokterl hot's wahrhaft

Recht faustdick hinter'n Ohr'n,

Glaubt's mir, i kenn den Saumog'n g'nau

Und hob's oft gnua derfahrn.

I sog halt: Wer a Saumog'n is,

Zoag's lieber glei frischweg,

Es kummt doch af früh oder spät,

So steht er do vor'm Dreck.

Quelle:
D. C. Müller: Gedichte, Aufsätze und Lieder im Geiste Marc. Sturms. Rorschach 1853, S. 83-88.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Diderot, Denis

Die geschwätzigen Kleinode oder die Verräter. (Les Bijoux indiscrets)

Die geschwätzigen Kleinode oder die Verräter. (Les Bijoux indiscrets)

Die frivole Erzählung schildert die skandalösen Bekenntnisse der Damen am Hofe des gelangweilten Sultans Mangogul, der sie mit seinem Zauberring zur unfreiwilligen Preisgabe ihrer Liebesabenteuer nötigt.

180 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon