Die Braut

[279] (Mönkgut.)


Eine blaue Schürze hast du mir gegeben,

Mutter, Schad' um's Färben, Mutter, Schad um's Weben!

Morgen in der Frühe wird sie bleich erscheinen,

Will zu Nacht so lange Thränen auf sie weinen.
[279]

Und wenn meine Thränen es nicht schaffen können,

Wie sie immer strömen, wie sie immer brennen,

Wird mein Liebster kommen und mir Wasser bringen,

Wird sich Meereswasser aus den Locken ringen.


Denn er liegt da unten in des Meeres Grunde,

Und wenn ihm die Wogen rauschen diese Kunde,

Daß ich hier soll freien und ihm treulos werden,

Aus der Tiefe steigt er auf zur bösen Erden.


In die Kirche soll ich – nun, ich will ja kommen,

Will mich fromm gesellen zu den andern Frommen.

Laßt mich am Altare still vorüberziehen,

Denn dort ist mein Plätzchen, wo die Witwen knieen.


Quelle:
Wilhelm Müller: Gedichte. Berlin 1906, S. 279-280.
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