Herbstgesang

[20] Siehe! Rebenhügel,

Wo sich Trauben färben!

Siehe! Fruchtgeländer,

Wo sich Aepfel röthen!

Liber und Vertumnus

Krönen verbrüdert die Bundesfeier!
[20]

Wo der Segensgötter

Mildes Auge lächelt,

Schwellen Purpurbeeren,

Malt mit ätherblauem

Dufte sich die Pflaume,

Malt sich der Apfel mit Rosenstreifen!


Hoch auf Nektarbergen,

Wo der Winzermädchen

Wonnelieder tönen,

Knarren Keltern selber

Harmonien, und Jubel

Brausen, o Rhein, deine Silberwogen!


Hier am grünumschilften

Felsenquell der Wiese

Dämmern die geweihten

Schatten, wo des Jahres

Erste Blumen Laura

Weihte den lächelnden Huldgöttinnen.


Fleuch, o süßes Mädchen,

Fleuch der Stadt Gepränge!

Angeblinkt vom Abend,

Laß des Jahres letzte

Blumen uns der hohen

Venus-Urania dankend opfern!

Quelle:
Friedrich Matthisson: Gedichte, Band 1, Tübingen 1912, S. 20-21.
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